Glühverfahren: Unterschied zwischen den Versionen

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(Einzelnachweise)
(Tempern nach Härteprozess)
 
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    Ich biete zu diesem Thema die Seminare an.<br>
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===='''Diffusionsglühen'''====
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'''Verlinkte Seiten'''
Das Diffusionsglühen oder Homogenisieren zielt darauf ab, Konzentrationsunterschiede bzw. Gefügeheterogenitäten im Bauteil zu beseitigen. Dabei werden zonenförmige (z. B. lokale Härtungszonen), anisotrope (z. B. Gefügezeiligkeit ferritisch-perlitischer Stähle) und isotrope Heterogenitäten (z. B. gleichmäßig im gesamten Gefüge verteilte Mikroseigerungen) unterschieden. Diese Konzentrationsunterschiede entstehen bei einer technischen Erstarrung immer, da der thermodynamische Gleichgewichtszustand beim Übergang flüssig/fest praktisch nicht erreicht wird. Ein vollständiges Beseitigen solcher Gefügebereiche ist nur durch ein Erwärmen des Werkstoffes auf Temperaturen möglich, bei denen die Entmischung der Legierungs- u. Begleitelemente des Stahls ausgleichen werden kann. Da die Beweglichkeit der Atome umso größer ist, je höher die Temperatur ist, findet das Diffusionsglühen bei Temperaturen im Bereich 1.000 - 1.300°C statt. Für die Festlegung der Technologie müssen der Ausgangsseigerungsgrad, der Primärzeilenabstand, das Diffusionsvermögen der geseigerten Elemente und der zugelassene Restseigerungsgrad berücksichtigt werden. Ungünstige Bedingungen erfordern ggf. sehr lange Glühzeiten. Die löslichen Gefügebestandteile diffundieren in das Korninnere, während unlösliche Phasen, wie Carbide, Nitride oder Oxide in eine rundliche Form (Koagulation) überführt werden.
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* '''[[Grundlagen der Wärmebehandlung|Zu den Grundlagen der Wärmebehandlung]]'''
Diffusionsglühen kann aus folgenden Gründen erforderlich sein:
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='''Definition des Glühens'''=
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Hoch- und Durchwärmen auf eine Temperatur, Halten und nachfolgendes Abkühlen zum Erzielen einer bestimmten Gefügeausbildung oder vermindern vorhandener Spannungen.<ref name="Eckstein"/> <ref name="TGL 21862"/>
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<br>Das nachfolgende Glühschaubild zeigt die Temperaturlagen der verschiedenen Glühprozesse bei Stahl im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm
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{| class="wikitable"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Grundlegenden Glüharten''' !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Glühtemperaturbereiche für Stahl- und Eisenwerkstoffe''' <ref name="WBH-Grundlagen"/>
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* Glühen
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* Diffusionsglühen
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* Grobkornglühen
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* Spannungsarmglühen
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* Rekristallisationsglühen
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* Perlitglühen
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* Weichglühen
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* Normalglühen
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* Lösungsglühen
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* Bearbeitungsglühen
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* Ferritisierungsglühen
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* Zähglühen
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* Tempern
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** auf weißen Temperguß
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** auf schwarzen Temperguß
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|[[File:Glühen-1.jpg|650px]]
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='''Diffusionsglühen'''=
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Das Diffusionsglühen oder Homogenisieren ist ein Wärmebehandlungsprozeß, der darauf hinzielt, Konzentrationsunterschiede im Werkstück bzw. Gefügeheterogenitäten zu beseitigen. Die Gefügeheterogenität kann in folgende Gruppen eingeteilt werden:
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* zonenförmige [https://de.wikipedia.org/wiki/Heterogenität '''Heterogenität''']
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* anisotrope Heterogenität
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* isotrope Heterogenität
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Bei allen aufgeführten Arten kann sich die Heterogenität jeweils auf die Form, die Anordnung bzw. die Abmessungen der Gefügebestandteile oder Teilchen beziehen. Die zonenförmige Heterogenität erstreckt sich über größere Bereiche, wobei die Form der Zonen (z. B. Bereiche mit erhöhtem Anteil ausgeschiedener Phasen, Gebiete mit Härtungsgefüge) von der äußeren Form des Guß- bzw. Werkstückes abhängig ist. Die Bildung der anisotropen Heterogenität ist an das Vorhandensein von Vorzugsrichtungen im Werkstoff gebunden, wie sie z. B. bei der plastischen Deformation und der Transkristallisation entstehen. In die Gruppe der anisotropen Heterogenität sind z. B. die sekundäre Gefügezeiligkeit ferritisch-perlitischer Stähle und die zeilige Anhäufung von Karbiden bei Stählen mit höherem Kohlenstoffgehalt (Karbidzeiligkeít) einzuordnen. Die isotrope Heterogenität wird nicht von Vorzugsrichtungen im Werkstoff bestimmt. Typisch für diese Art der Heterogenität ist die ungleichmäßige Anordnung von Gefügebestandteilen in Nestern, die gleichmäßig über das gesamte Volumen verteilt sind. Entmischungen im mikroskopischen ([https://de.wikipedia.org/wiki/Seigerung Kristallseigerungen]) Bereich führen zu den genannten anisotropen und isotropen Heterogenitäten. Die eigentliche Ursache liegt darin, daß bei einer technischen, d. h. ungleichgewichtsmäßigen Erstarrung immer Konzentrationsunterschiede entstehen, weil der Gleichgewichtszustand beim Übergang flüssig /fest nicht erreicht wird. Demzufolge sind immer Konzentrationsunterschiede zwischen den primär gebildeten Dendriten und den interdendritischen Räumen vorhanden, wobei die Anordnung geseigerter Bereiche im Gefüge von der Dendritenmorphologie abhängig ist. Die Neigung zur Entmischung während der Erstarrung im Mikrobereich wird von Art und Menge der anwesenden Legierungs- und Begleitelemente beeinflusst. Da bei verformtem Material, das in einer Vorzugsrichtung Verformt worden ist (z. B. durch Walzen oder Schmieden) diese geseigerten Mikrobereiche je nach ihrer Formänderungsfestigkeit mehr oder weniger stark in die Länge gestreckt werden, äußern sich die Kristallseigerungen in der Regel als zeilenförmige Anordnungen bzw. Primärzeilen.<ref name="Eckstein"/> Das Diffusionsglühen wird bei hohen Temperaturen >1050°C - 1300°C und sehr langen Haltezeiten 50h durchgeführt.
  
Beseitigung von Werkstoff versprödenden Phasen an den Korngrenzen (Vorbehandlung des Vergütens)
 
Veränderung der Morphologie unlöslicher Gefügebestandteile (Karbide, Nitride, Oxide), welche die Werkstoffeigenschaften negativ beeinflussen können
 
Ausgleich lokaler Unterschiede der chemischen Zusammensetzung (Kristallseigerungen)
 
Durch die Homogenisierung nehmen sowohl Zugfestigkeit, als auch Bruchdehnung und Brucheinschnürung im Vergleich zum ungeglühten Zustand zu. Kornwachstum und, bei langer Glühung in normaler Ofenatmosphäre, erheblicher Materialverlust durch Verzundern gehören zu den unerwünschten aber nicht vermeidbaren Begleiterscheinungen des Diffusionsglühens. Falls notwendig kann im Anschluss zur Kornfeinung einmalig oder mehrfach normalgeglüht werden. Diffusionsglühen wird meist nur bei hoch beanspruchten Stahlgussteilen oder schwer zu homogenisierenden Stählen, wie hochlegierten Werkzeugstählen, angewendet. In der Regel werden abgegossene oder warmumgeformte Stahlblöcke diffusionsgeglüht, um in nachfolgenden Bearbeitungsschritten Verzunderung, Randentkohlung oder Grobkornbildung wieder beseitigen zu können. Durch das Diffusionsglühen lassen sich nur Kristallseigerungen und  Konzentrationsunterschiede von direkt benachbarten Gefügebestandteilen ausgleichen. Dagegen ist die Beseitigung von Block- oder Schwerkraftseigerungen aufgrund der großen Diffusionswege in wirtschaftlich tragbarer Zeit nicht möglich.<ref name="Glühen"/>
 
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
! style="width:30%"|Diffusionsglühen Ablauf<ref name="Höfler"/> !! style="width:20%"|Temperaturbereich des Diffusionsglühens !! style="width:50%"|
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Diffusionsglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Temperaturbereich des Diffusionsglühens'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"|'''Anisotrope Heterogenität'''<ref name="Metallographie in der Praxis"/>
 
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|[[File:Diffusionsgluehen.png|400px|center]]
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|[[File:Temperaturbereich diffusionsgluehen.png|300px|center]]
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|[[File:Temperaturbereich diffusionsgluehen.png|400px|center]]
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|[[File:Diffusion-1.jpg|700px|center]]
 
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===='''Grobkornglühen'''<ref name="Höfler"/>====
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='''Grobkornglühen'''=
In der Regel ist ein grobkörniges Stahlgefüge aufgrund der relativ niedrigen Zähigkeits- und Festigkeitswerte unerwünscht. Einziger Vorteil eines gröberen Kornes ist die hieraus resultierende bessere Zerspanbarkeit, die der erhöhten Sprödigkeit des Grobkorns geschuldet ist (Beachte, dass sich Sprödigkeit und Zähigkeit immer umgekehrt verhalten). Vor allem für kohlenstoffarme Stähle mit einem Kohlenstoffgehalt unter 0,3 % bietet sich das sogenannte Grobkornglühen als Alternative zum Weichglühen an, um die Spanbarkeit entsprechend zu verbessern.
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Beim Grobkornglühen handelt es sich um einen Wärmebehandlungsprozeß, der ebenso wie das Weichglühen darauf hinzielt, günstige Spanungseigenschaften zu erzielen. Die automatische Fertigung erfordert, daß sich die Werkstoffe wirtschaftlich spanabhebend bearbeiten lassen. Bei der Erfüllung dieser Forderung ist zu beachten, daß das Glühen auf nierdrigste Festigkeitswerte nicht in jedem Fall die beste Spanbarkeit ergibt, da unter Spanbarkeit ein Komplex von Eigenschaften verstanden werden muß. Je nach Bearbeitungsverfahren kommt der Werkzeugstandzeit, der Spanbildung, dem Energieaufwand und der erreichten Oberflächengüte besondere Bedeutung zu. Unter den Werkstoff bedingten Einflußfaktoren ist deshalb die Gefügeausbildung oft von größerer Bedeutung als die Härte und Festigkeit. Insbesondere bei niedriger Schnittgeschwindigkeit (Schneiden mit gehemmter Spanbildung, z. B. Räumen) wird durch die geringere Zähigkeit, die die grobkörnigen Gefüge in der Regel aufweisen, die erzielte Oberfiächengüte verbessert. Aus diesem Grund bietet sich bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt (z. B. Einsatzstählen), die infolge
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ihrer geringen Härte naturgemäß zum Schmieren mit schlechter Oberflächenausbildung neigen, ein Glühen zum Zweck der Kornvergröberung an.<ref name="Eckstein"/>
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Beim Grobkornglühen wird der Stahl im Bereich zwischen 950 °C und 1100 °C geglüht. Da die Diffusionsprozesse Zeit benötigen, muss je nach Dicke des Werkstückes mehrere Stunden lang geglüht werden. Aufgrund der ungünstigen mechanischen Festigkeitseigenschaften, bleibt das Grobkornglühen auf kohlenstoffarme Stähle beschränkt und wird nur sehr selten angewandt. Nach der spanenden Bearbeitung des Grobkorngefüges (Ziel war es ja eine bessere Zerspanbarkeit herzustellen), kann dieses anschließend durch Normalglühen wieder beseitigt werden.
  
Beim Grobkornglühen wird der Stahl im Bereich zwischen 950 °C und 1100 °C geglüht. Bei diesen hohen Temperaturen können Diffusionsprozesse in ausreichendem Maße stattfinden, sodass sich die Atome an den Korngrenzen neu anlagern können und diese somit zum Wachsen bringen. Triebkraft hierfür ist letztlich die Verringerung der Oberflächenenergie, die mit einem größeren Korn einhergeht anstatt mit vielen kleinen. Da die Diffusionsprozesse Zeit benötigen, muss je nach Dicke des Werkstückes mehrere Stunden lang geglüht werden. Aufgrund der ungünstigen mechanischen Festigkeitseigenschaften, bleibt das Grobkornglühen auf kohlenstoffarme Stähle beschränkt und wird nur sehr selten angewandt. Nach der spanenden Bearbeitung des Grobkorngefüges (Ziel war es ja eine bessere Zerspanbarkeit herzustellen), kann dieses anschließend durch Normalglühen wieder beseitigt werden.
 
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
! style="width:30%"|Grobkornglühen Ablauf !! style="width:20%"|Temperaturbereich des Grobkornglühens !! style="width:50%"|
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Grobkornglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Temperaturbereich des Grobkornglühens'''<ref name="Höfler"/>
 
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|[[File:Grobkorngluehen.png|400px|center]]
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|[[File:Grobkorngluehen.png|500px|center]]
|[[File:Temperaturbereich grobkorngluehen.png|300px|center]]
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|[[File:Temperaturbereich grobkorngluehen.png|400px|center]]
 
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===='''Spannungsarmglühen''' ====
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='''Spannungsarmglühen''' =
Ziel des Spannungsarmglühens, welches grundsätzlich auf alle metallischen Werkstoffe angewendet werden kann, ist die Verminderung innerer Spannungen (Eigenspannungen 1. und 2. Art) in Bauteilen ohne signifikante Änderung des Gefüges und der Materialeigenschaften. Derartige Spannungen können als Folge von Kaltverformung (z.B. Umformprozessen, Richten), nach dem Schweißen, nach spanabhebender Bearbeitung (z.B. Fräsen, Drehen), nach ungleichmäßiger Abkühlung (z.B. Schwindungsbehinderung beim Gießen) auftreten oder aus Gefügeumwandlungen resultieren. Die Überlagerung der Eigen- mit den im Einsatz auftretenden Beanspruchungsspannungen kann zu unerwünschten Formänderungen (Verzug) oder im ungünstigsten Fall sogar zum Bauteilversagen durch Bruch führen. Eine vollständige Beseitigung der Eigenspannungen ist dabei nachgewiesenermaßen nicht möglich, ein Spannungsabbau deutlich über 90% jedoch bei fachgerechter Ausführung die Regel. Hier liegt der qualitative Unterschied zum Rütteln / Vibrieren, welches bei Raumtemperatur durchgeführt wird und einen bei weitem nicht so umfassenden und gleichmäßigen Spannungsabbau bewirkt (siehe auch > Häufige Fragen: Ersetzt Rütteln / Vibrieren das Spannungsarmglühen?). Beim Spannungsarmglühen erfolgt durch die Erwärmung eine Absenkung der Streckgrenze des Werkstoffes unter den Betrag der vorliegenden inneren Spannungen. Der Spannungsabbau erfolgt durch die dabei im Gefüge ablaufenden Fließ- und Kriechvorgänge. Das Glühen beinhaltet demnach immer ein vollständiges Durchwärmen des Bauteils, in Abhängigkeit von der maximalen Wandstärke bei der entsprechenden Glühtemperatur. Diese liegt für allgemeine Baustähle im Bereich von 520°C bis 620°C. Feinkornstähle sollten nicht oberhalb von 580°C geglüht werden, da es ansonsten zu einer Gefügevergröberung kommen kann, die sich nachteilig auf die mechanischen Eigenschaften auswirkt. Vergütete Stähle sind im Hinblick auf den Anlasseffekt bei höchstens 30 °C unterhalb der letzten Anlasstemperatur zu glühen. Die Glühtemperatur von Gusseisenwerkstoffen ist abhängig von deren Legierungszustand (unlegiert: 500 - 550°C, niedriglegiert: 550 - 600°C, hochlegiert: 600 - 650°C). Gehärtete bzw. vergütete Gusseisen können ohne eine auftretende Gefügeänderung nicht spannungsarm geglüht werden, da die notwendigen Glühtemperaturen immer einen Anlasseffekt ausüben würden.
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Ziel des Spanngsarmglühens ist die Verminderung innerer Spannungen von Werkstücken und Bauteilen, ohne daß die Eigenschaften wesentlich verändert werden. Spannungen können als Folge einer Kaltverformung, einer ungleichmäßigen Abkühlung oder stattgefundener Umwandlungen entstehen. Die Überlagerung innerer Spannungen mit Beanspruchungsspannungen kann zu unerwünschten Formänderungen (Verzug) oder sogar
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bis zum Bruch führen. Ist zu erwarten, daß solche Schwierigkeiten z. B. nach dem Warm- oder Kaltrichten, der spanabhebenden Bearbeitung, dem Schweißen, dem Abkühlen eines Gußstückes, dem Härten, auftreten, soll möglichst unverzüglich nach dem Entstehen der Spannungen das Spannungsarmglühen durchgeführt werden (vor allen Dingen dann, wenn Rißbildung zu befürchten ist). Spannungen im Werkstück können nur dadurch abgebaut werden, daß sie eine plastische Deformation im Mikrobereich auslösen. Das erfordert jedoch, daß die Streckgrenze des Werkstoffs unter den Betrag der Spannungen gesenkt wird. Je weiter die Streckgrenze auf Werte unterhalb des Spannungsniveaus gesenkt werden kann, um so größer ist das Ausmaß der plastischen Deformation und somit die Möglichkeit des Spannungsabbaus. Die Festigkeit und die Streckgrenze nehmen bei den meisten Werkstoffen naturgemäß mit steigender Temperatur ab. Demzufolge beinhaltet das Spannungsarmglühen immer ein durchgreifendes Erwärmen auf ein entsprechend hohes Temperaturniveau.  
  
Auch NE-Werkstoffe, wie z.B. naturharte Al-Knetlegierungen können mit dem Ziel einer Spannungsverminderung bei ca. 200 - 250°C thermisch entspannt werden, wobei in diesem Fall der Begriff Glühen nicht verwendet werden sollte. Die beim Glühen ablaufenden Fließ- und Kriechprozesse benötigen Zeit und laufen bei höheren Temperaturen schneller ab. Glühtemperatur und Glühdauer bilden daher immer eine Einheit, d. h. dass eine geringere Glühtemperatur eine längere Glühdauer erfordert, um den gleichen Spannungsabbau zu realisieren. Überschlägig lässt sich die die Haltezeit bei Glühtemperatur mit ca. 1 - 2 min je mm der maximalen Wanddicke festlegen. Je niedriger also die zulässigen Restspannungen, desto höhere Glühtemperaturen innerhalb des optimalen Bereiches werden für den Spannungsabbau benötigt.
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Die Glühdauer sollte 1 bis 2 Minuten je mm Blechdicke (bei einigen Stählen mindestens 2 Minuten je mm Blechdicke), mindestens jedoch 20 bis 30 Minuten oder mehr nach vollständiger Durchwärmung betragen. Die Temperatur selbst ist im allgemeinen begrenzt durch die Gleichgewichtsumwandlungstemperatur A1. In der Regel erfolgt das Spannungsarmglühen im Temperaturbereich von 450 bis 650 °C. Einschränkend muß dazu bemerkt Werden, daß bei vergüteten Stählen die Glühtemperatur nach oben hin durch die Anlaßtemperatur begrenzt ist. Aus Sicherheitsgründen sollte die maximale Glühtemperatur jedoch 20 bis 30 °C unterhalb der Anlaßtemperatur liegen. Nach einer derartigen Behandlung muß allerdings mit einem hohen Restspannungsanteil gerechnet werden, wenn eine relativ niedrige Anlaßtemperatur vorgeschrieben ist. Übersteigt dieser die zulässige Grenze, dann ist nur durch einen Stahl mit höherer Härtbarkeit Abhilfe zu schaffen, der es ermöglicht, auf ein milderes Abschreckmittel zurückzugreifen.
  
Neben der richtigen Wahl der Glühtemperatur und -dauer sind sowohl das Aufheizen als auch das Abkühlen von entscheidender Bedeutung für den Prozesserfolg. Diese beiden Prozessphasen sollten aufgrund der Wärmeleitung im Material entsprechend langsam erfolgen, damit der Temperaturgradient zwischen Bauteiloberfläche und - kern möglichst gering ist. Bei zu hohen Aufheiz- und / oder Abkühlraten können, trotz sachgemäßen Einhaltens der übrigen Verfahrensschritte, gerade bei Bauteilen mit großen Wanddickenunterschieden, neue innere Spannungen auftreten. Raten von maximal 80 K/h garantieren bei Bauteilen mit geringen Querschnittsunterschieden in vielen Fällen ein sehr gutes Ergebnis. Dennoch sind diese Werte im Einzelfall in Abhängigkeit von den Abmessungen und dem Ausgangszustand des zu glühenden Bauteils gesondert festzulegen. Insbesondere Gussstücke mit großen Wanddicken bzw. Wanddickenunterschieden sollten sehr langsam (mit < 30 K/h) erwärmt und abgekühlt werden, um eine gleichmäßige Durchwärmung des gesamten Querschnittes zu realisieren. Eine geregelte Abkühlung im Ofen bis ca. 250 ... 300 °C gewährleistet gleichmäßige Abkühlbedingungen und damit geringere Temperaturgradienten über den Bauteilquerschnitt. Unterhalb von 250 °C kann im Allgemeinen eine Restabkühlung an ruhender Luft erfolgen.
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Auch bei anderen Werkstoffen darf mit Rücksicht auf Festigkeitsveränderungen eine Maximaltemperatur nicht überschritten Werden. Zum Beispiel sollte Gußeisen aus diesem Grund nicht oberhalb 550 °C geglüht Werden. Je niedriger die Glühtemperatur ist, um so länger muß im allgemeinen die Glühdauer sein. Stähle, die über Ausscheidungen verfestigt Werden, wie z. B. mikrolegierte Feinkornstähle höherer Festigkeit, müssen ebenfalls sorgfältig spannungsarm  geglüht werden, falls dies notwendig ist. Es ist zu beachten, daß der Temperaturbereich von 530 bis 580 °C weder unterschritten (ungenügender Spannungsabbau) noch überschritten werden sollte (Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften durch Beeinflussung des Ausscheidungszustandes). Ein ausreichender Spannungsabbau ohne Rißbildung kann auch bei solchen empfindlichen Stählen durch Einhalten der vorgeschriebenen Glühtechnologie erzielt werden.<ref name="Eckstein"/>
  
Beim Spannungsarmglühen wird das Werkstück unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 550 °C und 650 °C geglüht. Der Effekt des Spannungsabbaus beruht darauf, dass die Festigkeit des erwärmten Bauteils mit höherer Temperatur abnimmt. Fällt die Streckgrenze (Warmdehngrenze) dabei unter den Wert der Eigenspannungen, so werden diese durch plastische Verformung abgebaut. Die Versetzungen beginnen entsprechend zu wandern. Die Eigenspannungen können also immer nur bis maximal auf die entsprechende Warmdehngrenze abgebaut werden, niemals vollständig.  
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Beim Spannungsarmglühen wird das Werkstück unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 450 °C und 650 °C geglüht. Die Eigenspannungen können niemals vollständig abgebaut werden. Nach dem Glühen muss das Werkstück anschließend langsam abgekühlt werden, um ein erneutes Entstehen von Spannung zu vermeiden. Meisten bleibt das Werkstück dabei im ausgeschalteten Glühofen ruhen bis zu einer Temperatur von ca. 250°C, danach kann an ruhender Luft abgekühlt werden.
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
|'''Spannungsarmglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/>
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Spannungsarmglühen Temperaturbereich'''<ref name="Höfler"/>  
 
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|[[File:Temperaturbereich spannungsarmgluehen.png|300px|center]]
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|[[File:Temperaturbereich spannungsarmgluehen.png|400px|center]]
 
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===='''Rekristallisationsglühen'''====
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='''Rekristallisationsglühen'''=
  
 
Das Gefüge von gewalzten, gebogenen oder tiefgezogenen Werkstücken wird durch die hohen Umformkräfte stark verformt. Hierdurch ändern sich auch die Werkstoffeigenschaften. Bei gewalzten Blechen kann dies zu einer starken Anisotropie durch die langgestreckten Kristalle führen, die auch als Walztextur bezeichnet wird. Zudem kommt es im Bereich der Umformstelle zur Kaltverfestigung, was die Festigkeit ansteigen lässt und die Verformbarkeit entsprechend herabsetzt. Soll das Bauteil in diesem Zustand weiter umgeformt werden, so steigt die Gefahr der Rissbildung. Mehrstufige Umformprozesse sind ohne Weiteres somit nicht möglich. Viele Bauteile bzw. Halbzeuge müssen allerdings im Laufe ihrer Produktion mehrfach umgeformt werden, um ihren Endzustand zu erreichen. So kann bspw. ein Stahlblock von mehreren Zentimetern Dicke nicht in einem Zuge bis auf wenige Millimeter gewalzt werden. Ziel muss es deshalb sein, die verformten Kristalle eines umgeformten Gefüges vor jedem mehrstufigen Umformprozess wieder in ihre ursprüngliche Form zu bringen. Dies kann mithilfe des sogenannten Rekristallisationsglühens erreicht werden.<ref name="Höfler"/>
 
Das Gefüge von gewalzten, gebogenen oder tiefgezogenen Werkstücken wird durch die hohen Umformkräfte stark verformt. Hierdurch ändern sich auch die Werkstoffeigenschaften. Bei gewalzten Blechen kann dies zu einer starken Anisotropie durch die langgestreckten Kristalle führen, die auch als Walztextur bezeichnet wird. Zudem kommt es im Bereich der Umformstelle zur Kaltverfestigung, was die Festigkeit ansteigen lässt und die Verformbarkeit entsprechend herabsetzt. Soll das Bauteil in diesem Zustand weiter umgeformt werden, so steigt die Gefahr der Rissbildung. Mehrstufige Umformprozesse sind ohne Weiteres somit nicht möglich. Viele Bauteile bzw. Halbzeuge müssen allerdings im Laufe ihrer Produktion mehrfach umgeformt werden, um ihren Endzustand zu erreichen. So kann bspw. ein Stahlblock von mehreren Zentimetern Dicke nicht in einem Zuge bis auf wenige Millimeter gewalzt werden. Ziel muss es deshalb sein, die verformten Kristalle eines umgeformten Gefüges vor jedem mehrstufigen Umformprozess wieder in ihre ursprüngliche Form zu bringen. Dies kann mithilfe des sogenannten Rekristallisationsglühens erreicht werden.<ref name="Höfler"/>
 
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! style="width:30%"|Rekristallisationsglühen Ablauf<ref name="Höfler"/> !! style="width:20%"|Temperaturbereich des Rekristallisationsglühens !! style="width:50%"|
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Rekristallisationsglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Temperaturbereich des Rekristallisationsglühens'''<ref name="Höfler"/>
 
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|[[File:Temperaturbereich rekristallisationsgluehen.png|300px|center]]
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|[[File:Temperaturbereich rekristallisationsgluehen.png|400px|center]]
 
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Beim Rekristallisationsglühen wird der Stahl unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 550 °C bis 700 °C geglüht. Es findet somit keine Gitterumwandlung statt, wie dies beim Normalglühen oder teilweise auch beim Weichglühen der Fall ist, obwohl auch bei diesen beiden genannten Verfahren ebenfalls ein Rekristallisationseffekt einsetzt. Beim Rekristallisationsglühen können die Korngrenzen durch Diffusionsprozesse wandern und die Körner sich somit neu bilden. Die verformten Körner nehmen ihre ursprüngliche Gestalt wieder an und der Werkstoff erhält seine Verformbarkeit zurück. Die Größe der rekristallisierten Körner hängt neben der Glühdauer und -temperatur in besonderem Maße davon ab, wie stark die einzelnen Körner verformt waren. Ein hoher Umformgrad mit sehr feinen langgestreckten Kristallen lässt das Gefüge eher feinkörnig rekristallisieren. Ein geringerer Umformgrad führt entsprechend zu einem grobkörnigeren Rekristallisationsgefüge. Gerade für ein gering verformtes Gefüge besteht hierdurch allerdings auch die Gefahr der Grobkornbildung. Diese Gefahr kann sich vor allem für kohlenstoffarme Stähle mit Kohlenstoffkonzentrationen unter 0,2% ergeben, sodass sich unter Umständen das Normalglühen besser für eine Kristallneubildung eignet. Für umwandlungsfreie Stähle, bei denen durch Legierungszusätze die γγ-αα-Umwandlung vollständig unterdrückt wird, bietet das Rekristallisationsglühen die einzige Möglichkeit der Feinkornbildung. Um also bei mehrstufigen Umformprozessen die Verformbarkeit des Werkstoffes stets zu erhalten, muss das Gefüge zwischen jedem Umformschritt rekristallisiert werden. Diese Verfahrensform wird dann auch als Zwischenglühen bezeichnet. Der Effekt der Rekristallisation kann auch bereits während dem Umformprozess selbst genutzt werden, indem im Bereich der Rekristallisationstemperatur umgeformt wird. Man spricht dann vom sogenannten Warmumformen. Wird der Werkstoff hingegen unterhalb der Rekristallisationstemperatur umgeformt (z.B. bei Raumtemperatur) spricht man vom Kaltumformen.
 
Beim Rekristallisationsglühen wird der Stahl unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 550 °C bis 700 °C geglüht. Es findet somit keine Gitterumwandlung statt, wie dies beim Normalglühen oder teilweise auch beim Weichglühen der Fall ist, obwohl auch bei diesen beiden genannten Verfahren ebenfalls ein Rekristallisationseffekt einsetzt. Beim Rekristallisationsglühen können die Korngrenzen durch Diffusionsprozesse wandern und die Körner sich somit neu bilden. Die verformten Körner nehmen ihre ursprüngliche Gestalt wieder an und der Werkstoff erhält seine Verformbarkeit zurück. Die Größe der rekristallisierten Körner hängt neben der Glühdauer und -temperatur in besonderem Maße davon ab, wie stark die einzelnen Körner verformt waren. Ein hoher Umformgrad mit sehr feinen langgestreckten Kristallen lässt das Gefüge eher feinkörnig rekristallisieren. Ein geringerer Umformgrad führt entsprechend zu einem grobkörnigeren Rekristallisationsgefüge. Gerade für ein gering verformtes Gefüge besteht hierdurch allerdings auch die Gefahr der Grobkornbildung. Diese Gefahr kann sich vor allem für kohlenstoffarme Stähle mit Kohlenstoffkonzentrationen unter 0,2% ergeben, sodass sich unter Umständen das Normalglühen besser für eine Kristallneubildung eignet. Für umwandlungsfreie Stähle, bei denen durch Legierungszusätze die γγ-αα-Umwandlung vollständig unterdrückt wird, bietet das Rekristallisationsglühen die einzige Möglichkeit der Feinkornbildung. Um also bei mehrstufigen Umformprozessen die Verformbarkeit des Werkstoffes stets zu erhalten, muss das Gefüge zwischen jedem Umformschritt rekristallisiert werden. Diese Verfahrensform wird dann auch als Zwischenglühen bezeichnet. Der Effekt der Rekristallisation kann auch bereits während dem Umformprozess selbst genutzt werden, indem im Bereich der Rekristallisationstemperatur umgeformt wird. Man spricht dann vom sogenannten Warmumformen. Wird der Werkstoff hingegen unterhalb der Rekristallisationstemperatur umgeformt (z.B. bei Raumtemperatur) spricht man vom Kaltumformen.
  
===='''Perlitglühen'''====
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='''Perlitglühen'''=
Das Perlitglühen von Gusseisen dient dem Einstellen eines voll- oder teilperlitischen Gefüges zur Verbesserung der Festigkeitseigenschaften und der Eigenschaftsangleichung in Bereichen unterschiedlicher Wanddicke. Der Zustand des Ausgangsgefüges ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Der Prozess erfordert ein Austenitisieren im Bereich zwischen 850°C und 920°C mit anschließender Abkühlung an ruhender oder bewegter Luft, so dass einerseits Ferritbildung durch zu langsames Kühlen und andererseits Härtungsgefüge (Martensit) infolge einer zu hohen Abkühlrate vermieden wird. Insbesondere für Gusseisen mit kugeligem Graphit besteht bei längeren Haltezeiten oberhalb 900°C die Gefahr einer Kornvergröberung, welche sich negativ auf die Zähigkeitseigenschaften auswirken kann. Für ein vollständiges Austenitisieren (Kohlenstoffsättigung) genügt im Allgemeinen eine Stunde Haltezeit nach einer Durchwärmdauer von einer Stunde je 25 mm der größten Bauteilwanddicke. Falls im Hinblick auf die Zähigkeitseigenschaften kein rein perlitisches Gefüge erforderlich ist, kann dies durch entsprechende Variation von Glühtemperatur und -dauer sowie Abkühlrate und Ausfahrtemperatur realisiert werden. Im Anschluss an das Perlitglühen schließt sich meist ein Spannungsarmglühen an, um die infolge der zügigen Abkühlung verursachten inneren Spannungen zu reduzieren und die Zähigkeitseigenschaften zu verbessern. Gerade bei massiven und empfindlichen Bauteilen werden die beiden Prozesse oftmals direkt nacheinander ausgeführt. Hierbei wird die dem Perlitisieren folgende Luftabkühlung nach Abschluss der Perlitbildung abgebrochen und das Bauteil umgehend spannungsarm geglüht. Neben der Reduzierung des Rissrisikos bei empfindlichen Bauteilgeometrien, kann der Gesamtprozess auf diese Weise zeit- und energiesparender durchgeführt werden.
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Ziel des Perlitglühens ist das Einstellen eines voll- oder teilperlitischen Gefüges, um die Festigkeitseigenschaften zu erhöhen oder um die Eigenschaften in unterschiedlichen Wanddickenbereichen eines Gußstücks zu vergleichmäßigen. Das Perlitglühen wird - in Anlehnung an die entsprechende Wärmebehandlung bei Stahlguß häufig auch als Normalisieren oder Perlitisieren bezeichnet. Beim Perlitglühen ist es im Prinzip gleichgültig, welches Ausgangsgefüge vorliegt, ob ferritisch (hier löst sich im Austenit beim Glühen oberhalb Ac1 ein Teil des als Graphit vorliegenden Kohlenstoffs) oder perlitisch mit eingelagertem freien Zementit beziehungsweise anderen Carbiden. Höhere Ferritgehalte im Ausgangsgefüge verlangen jedoch eine längere Haltezeit im Austenitbereich, um ausreichend Kohlenstoff zu lösen; eine andere Möglichkeit besteht in einer zweifachen Glühbehandlung, wobei in der ersten bei normaler Haltezeit der Ferritanteil halbiert werden kann. Das Perlitglühen erfordert in der ersten Phase ein Austenitisierungsglühen. ln der zweiten Phase erfolgt ein beschleunigtes Abkühlen, das schnell genug erfolgen muß, um keine Ferritbildung zu begünstigen, jedoch andererseits nicht so schnell sein darf, daß Härtungsgefüge entstehen kann. Vor allem bei Gußeisen mit Kugelgraphit sollte die Austenitisierungstemperatur nur so hoch wie nötig sein, weil bei längerer Haltezeit oberhalb 900 bis 920 °C der Austenit und der daraus entstehende Perlit vergröbert wird, was negative Auswirkungen auf die Zähigkeitseigenschatten hat. Die Abkühlgeschwindigkeit nach dem Austenitisieren wird von der aufgenommenen Wärmemenge der Gußstücke bestimmt: schwere, dickwandige Gußstücke müssen, um ein perlitisches Gelüge zu erhalten, meist an bewegter Luft abgekühlt werden, der gelegentlich noch ein Wassersprühnebel beigemischt wird, häufig kann die notwendige Abkühlgeschwindigkeit nur durch den Zusatz von Legierungselementen, wie zum Beispiel Kupfer, Nickel und/oder Molybdän, erreicht werden. Für dünnwandige Gußstücke genügt in der Regel das Abkühlen an ruhender Luft. Wird kein rein perlitisches Gefüge angestrebt, so kann dieses durch eine entsprechende Wahl von Glühtemperatur, -dauer und Abkühlgeschwindigkeit eingestellt werden.Auf diese Weise werden zum Beispiel bei Gußeisen mit Kugelgraphit Ferritanteile von 5 bis 20% in Form von Ferrithöfen um die Graphitkugeln erhalten, womit die Zähigkeitseigenschatten verbessert und die Rißwachstumgeschwindigkeit vermindert werden. Zum notwendigen Verringern der durch das schnelle Abkühlen eingebrachten meist höheren Spannungen genügt es theoretisch, nur bis etwa 550°C schnell abzukühlen, eventuell einige Zeit bei dieser Temperatur zu halten und anschließend im Ofen weiter abzukühlen. Da das exakte Abfangen bei diesen Temperaturen in der Praxis selten durchzuführen ist, wird meist auf unter 400°C abgekühlt und ein Spannungsarmglühen angeschlossen.<ref>Wärmebehandeln von Bauteilen aus Gußeisen mit Lamellen- oder Kugelgraphit, Diether B. Wallers, aus "konstruieren+ gießen" Nr. 1/1989</ref>
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{| class="wikitable"
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Der Temperaturverlauf des Perlitglühens ist nachfolgend schematisch dargestellt.'''
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|[[Datei:Perlitglühen.jpg|500px|center]]
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='''Weichglühen'''=
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<ref name="Höfler"/>Nicht jeder Werkstoff muss darauf ausgelegt sein, hohen mechanischen Kräften standzuhalten. Bei einer gebogenen Blechabdeckung mit ausgefrästen Sichtschlitzen kommt es bspw. nicht darauf an hohe Kräfte aufnehmen zu können. Vielmehr liegt der Fokus bei der Werkstoffauswahl dabei auf einer guten Verform- und Spanbarkeit des Stahls. Dies spielt insbesondere bei der automatisierten Fertigung mit hohen Losgrößen eine wichtige Rolle, um die Herstellung wirtschaftlich zu gestalten. Aus diesem Grund kann es erforderlich werden, das Gefüge eines Stahles so anzupassen, dass es sich besser umformen und/oder spanend bearbeiten lässt. Vor allem im Hinblick auf die Umformbarkeit gilt es also ein entsprechend weiches Gefüge herzustellen. Dies kann mithilfe des sogenannten Weichglühens erzielt werden.
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Beim Weichglühen werden untereutektoide Stähle bis knapp unterhalb der PS-Linie erwärmt, sodass der Zementit gerade noch nicht zerfällt. Der lamellare Zementit hat nun genügend Zeit sich durch Diffusionsprozesse in die thermodynamisch günstigere, rundlichere Form umzuwandeln. Es bildet sich aus dem Streifenzementit des Perlits kugelförmiger Zementit (Kugelzementit). Nachdem der Zementit in die rundliche Form zerfallen ist, wird der Stahl langsam abgekühlt. Im Gegensatz zu untereutektoiden Stählen, werden übereutektoide Stähle beim Weichglühen dicht oberhalb bzw. pendelnd um die PSK-Linie erwärmt. Ein besonders homogenes Gefüge mit feinverteiltem Kugelzementit kann dadurch erreicht werden, dass der Stahl vor dem Weichglühen gehärtet wird. Der kugelförmige Zementit bildet sich dann aus dem bereits relativ homogenen Martensitgefüge.
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Nach dem Weichglühen zeigt der Stahl aufgrund der kugelförmigen Zementitform eine wesentlich bessere Umformbarkeit. Ursache liegt in der erleichterten Versetzungsbewegung. Während sich die streifenförmigen Zementitlamellen teilweise komplett von einem Ende des Korns zum anderen ziehen, liegen die Zementitkugeln nur vereinzelt im Korn vor. Die Versetzungsbewegung wird durch den Kugelzementit somit weniger stark behindert als beim sich komplett durchziehenden Streifenzementit. Die Verformbarkeit nimmt entsprechend zu, während die Härte allerdings abnimmt. Somit wird ein nachträgliches Walzen, Biegen, Tiefziehen, etc. aufgrund verringerter Umformkräfte erleichtert. Außerdem wird durch den kugelförmigen Zementit eine bessere Spanbarkeit erreicht, da die Zementitkugeln gegenüber der Werkzeugschneide einen geringeren Widerstand entgegenbringen im Vergleich zur lamellaren Zementitform. Dies erhöht dementsprechend die Standzeit des Werkzeuges.
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{| class="wikitable"
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Weichglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Temperaturbereich des Weichglühens'''<ref name="Höfler"/>
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|[[File: Weichgluehen.png|500px|center]]
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|[[File: Temperaturbereich weichgluehen.png|400px|center]]
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='''Normalglühen'''=
  
===='''Weichglühen'''====
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Feine rundliche Körner führen im Allgemeinen zu besseren Zähigkeits- und Festigkeitswerten im Vergleich zu großen Körnern. Dabei ist ein einheitliches Gefüge wünschenswert, welches über den gesamten Bereich hinweg stets ähnlich kleine Körner aufweist. Nur so kann schließlich sichergestellt werden, dass der Werkstoff in jedem Punkt den gestellten Festigkeitsansprüchen im selben Maße gerecht wird. Ein homogenes Gefüge bereits während der Erstarrung zu erzielen erfordert hohe Ansprüche, da die Erstarrungsbedingungen nicht über die gesamte Schmelze hinweg identisch sein werden. So kühlt bspw. Stahlguss (in Formen gegossener Stahl) an den Kontaktstellen zur Formwand eventuell schneller ab als im Inneren. Während sich in den Randbereichen aufgrund der stärkeren Unterkühlung somit ein feinkörnigeres Gefüge einstellen wird, bilden sich im Inneren eventuelle größere Körner. Auch beim Schmieden kann ein heterogenes Korngefüge entstehen, da sich die Korngrenzen durch Diffusionsprozesse verschieben und sich die Körner gegenseitig vereinen können. Es kommt somit zu einer Kornneubildung mit der Folge eines heterogenen Gefüges. Denselben Effekt der Heterogenität können auch geschweißte Werkstücke im Bereich der Fügestelle aufweisen. Nicht nur innerhalb eines Werkstückes können sich auf die oben genannten Arten Unterschiede in den Stahleigenschaften einstellen, sondern auch von Charge zu Charge würden sich eventuell jedes Mal leicht unterschiedliche Eigenschaften ergeben. Kein Unternehmen kann es sich allerdings leisten, seinen Kunden Bauteile mit immer wieder unterschiedlichen (unvorhersehbaren) Eigenschaften anzubieten. Vielmehr muss sich der Kunde auf eine gleichbleibende Qualität verlassen können.
Zur Erzielung eines möglichst weichen Gefügeszustandes, welcher auf einer Einformung der Zementit- bzw. Karbidteilchen in der ferritischen Grundmatrix beruht, erfolgt das Weichglühen von Stählen etwas unterhalb der Umwandlungstemperatur Ac1 und bei vergüteten Stählen oberhalb der letzten Anlasstemperatur. Dies wird vor allem bei Stählen mittlerer und hoher Kohlenstoffgehalte gefordert, um eine gute Zerspanbarkeit mit kurzem Fließspan zu erzielen. Ein derartiger Gefügezustand, welcher den geringsten Energieinhalt im Zustandssystem Fe-Fe3C repräsentiert, ist aber auch vor verschiedenen Kaltumformprozessen erwünscht. Im Unterschied zum GKZ-Glühen, dem Glühen auf kugeligen Zementit, zielt das Weichglühen lediglich auf eine deutliche Absenkung der Festigkeit ohne eine weitreichende Gefügeänderung ab. Zur Vermeidung sehr langer Haltezeiten kann bei übereutektoiden Stählen (> 0,8% C) eine Pendelglühung um Ac1 angewendet werden, da dies die Karbideinformung beschleunigt. Bei untereutektoiden Stählen (< 0,8% C) sollte aufgrund der Gefahr von Karbidanlagerungen an den Ferritkorngrenzen und einem damit einhergehenden deutlichen Zähigkeitsabfall auf eine Pendelglühung verzichtet werden.  
 
  
Das '''AC'''''(GKZ)''-Glühen wird für Stähle mit allen Kohlenstoffgehalten angewendet. Ziel ist die kugelige Einformung des Zementits (+AC''(GKZ)'' = Geglüht auf globularen Zementit), was durch ein Erwärmen über den Umwandlungspunkt Ac1 bzw. einer Pendelglühung um Ac1 herum in Verbindung mit einer sehr langen Haltephase und einer langsamen Ofenabkühlung erreicht wird. Eine zunehmende Einformung des Zementits hat einen Härteabfall zur Folge und die Karbidauflösung beim Härten wird erschwert. Es ist daher immer ein auf den konkreten Einsatzfall abgestimmter Kompromiss aus guter Zerspanbarkeit und guter Härtbarkeit zu finden.<ref name="Glühen"/>
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Aus diesem Grund ist es notwendig ein uneinheitliches Gefüge mithilfe einer gezielten Wärmebehandlung zu vereinheitlichen bzw. zu homogenisieren. Der Stahl bekommt hierdurch seine "normalen" Eigenschaften verliehen, die immer wieder reproduzierbar sind. Aus diesem Grund bezeichnet man das gezielte Homogenisieren bzw. Normalisieren eines Stahlgefüges auch als Normalglühen.<ref name="Höfler"/>
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
! style="width:30%"|Weichglühen Ablauf<ref name="Höfler"/> !! style="width:20%"|Temperaturbereich des Weichglühens!! style="width:50%"|
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Normalglühen Ablauf'''<ref name="Höfler"/> !! style="width:25%" style="text-align:left"| '''Temperaturbereich des Normalglühens'''<ref name="Höfler"/>
 
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|[[File: Weichgluehen.png|400px|center]]
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|[[File: Normalgluehen.png|500px|center]]
|[[File: Temperaturbereich weichgluehen.png|300px|center]]
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|[[File: Temperaturbereich normalgluehen.png|400px|center]]
 
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NE-Metalle können abhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung ebenfalls weichgeglüht werden. Dabei handelt es sich im eigentlichen Sinne um ein Rekristallisationsglühen zur Beseitigung kaltverformter Bereiche im Gefüge, die ggf. die Weiterverarbeitung, meist Umformprozesse, erschweren bzw. unmöglich machen. Eine Kornneubildung schafft dafür günstige Voraussetzungen. Beispielsweise wird eine Vielzahl von Alumiumlegierungen im Temperaturbereich 350 - 450 °C weichgeglüht.<ref name="Glühen"/>
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Beim Normalglühen wird der Stahl bis knapp über die GSK-Linie erwärmt, sodass sich das Perlit vollständig in Austenit wandelt. Anschließend wird der austenitisierte Stahl langsam an Luft abgekühlt. Da sich während der γ-α-Umwandlung die Körner neu bilden, tritt eine Kornfeinung ein und verleiht dem Gefüge eine homogene Struktur. Die Temperatur während dem Normalglühen sollte nicht höher als ca. 30 °C über der GSK-Linie gewählt werden, da ansonsten die Gefahr der Grobkornbildung besteht. Ursache hierfür ist, dass große rundliche Körner energetisch gesehen günstiger sind als viele kleine. Deshalb ist das Gefüge stets bestrebt ein einziges großes Korn zu bilden. Hierfür sind unter anderem Diffusionsprozesse notwendig, die durch höhere Temperaturen begünstigt werden. Deshalb ist man beim Normalglühen bestrebt die Temperatur so gering wie möglich zu halten, um die Grobkornbildung zu vermeiden. Aus diesem Grund werden übereutektoide Stähle auch nicht komplett bis in das Austenitgebiet (oberhalb SE-Linie) erwärmt. Das Normalglühen findet vorzugsweise bei untereutektoiden Stählen Anwendung, deren Gefüge durch Fertigungsverfahren wie Schmieden, Walzen, Gießen, Schweißen etc. negativ beeinflusst wurden. Beim Walzen kann das Normalglühen bereits während dem Walzprozess durchgeführt werden (normalisierendes Walzen). Ein normalisiertes Gefüge zeichnet sich aufgrund der homogenen, feinen Struktur im Allgemeinen durch sehr gute Zähigkeits- und Festigkeitswerte aus.
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='''Lösungsglühen und Stabilisierungsglühen bei Stahl'''=
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Die nichtrostenden austenitischen Stähle enthalten im allgemeinen als Hauptlegierungsbestandteile 16 bis 26% Chrom und 7 bis 26% Nickel. Die gebräuchlichsten Sorten liegen bei Chromgehalten zwischen 16,5 und 20 % und Nickelgehalten zwischen 8 und 17%. Bei diesen Legierungskombinationen wird durch den Nickelgehalt der Punkt A3 zu so tiefen Temperaturen verschoben, dass das γ-Gebiet praktisch nach unten offen ist und die γ - α Umwandlung nicht ablaufen kann. Diese Stähle sind deshalb unabhängig von der Abkühlungsgeschwindigkeit bei Raumtemperatur austenitisch.
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Der Chromgehalt stellt die Korrossionsbeständigkeit sicher. Chrom ist unedler als Eisen und verbindet sich in den äußersten Atomschichten der Stahloberfläche an Luft oder in anderen oxydierenden Medien mit Sauerstoff zu einem für das Auge unsichtbaren, zusammenhängenden Oxidfilm, der den darunterliegenden Stahl vor weiterem Angriff schützt (passiviert). Einwandfreie Passivschichten bilden sich nur auf sauberen und glatten Oberflächen. Der Oxidfilm erneuert sich nach Beschädigung von selbst.
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Erwärmt man einen homegenisierten austenitischen  Stahl auf Temperaturen zwischen etwa 450 und 850°C, so verlässt der übersättigte gelöste Kohlenstoff die Zwangsbindung und bildet hochchromhaltige Karbide. Diese Karbide scheiden sich bevorzugt an Korngrenzen, aber auch an Zwillingsebenen aus, wo das gestörte Gitter Ausscheidungsvorgänge begünstigt. Die Grundmasse in der Umgebung der Korngrenzen kann dabei soweit an Chrom verarmen, dass in mikroskopisch schmalen Korngrenzenbereichen die Passivität des Stahles verlorengeht. Aggressive Medien. die mit einem durch ''Chromverarmung'' anfällig (sensibel) gewordenen nichtrostenden Stahl in Berührung kommen, fressen sich an den Grenzschichten interkristallin in den Stahl hinein und zerstören den Zusammenhalt der Körner. Beim Schweißen treten in den Wärmeeinflußzonen parallel und in bestimmten Abständen zur Schweißnaht zwangsläufig Sensibilisierungstemperaturen auf. Bei den austenitischen Stählen können sich deshalb in diesen Bereichen chromreiche Karbide an den Korngrenzen ausscheiden und damit zu kornzerfallsanfälligen (sensibilisierten) Zonen führen. Besonders anfällig ist der Stahl im Temperaturbereich zwischen etwa 600 und 700 °C.<ref>Metallographie in der Schadenuntersuchung, Egon Kauczor, Springer Verlag Berlin Heidelberg 1979, Seite 51-54</ref>
  
===='''Normalglühen'''====
 
Ziel des Normalglühens von Stählen ist die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften durch Umwandlung der vorhandenen Mikrostruktur (z.B. Beseitigung von Vorzugsorientierungen der Kristallite nach Warm- und / oder Kaltumformung oder von Kornvergröberungen nach dem Schweißen oder einer Rekristallisationsglühung) in ein gleichmäßig feines Ferrit-Perlit-Gefüge mit feinlamellarem Perlit. Dieses sogenannte "normalisierte" Gefüge kann sowohl einen Zwischenzustand vor weiterer thermischer Behandlung (z.B. Weichglühen, Härten) als auch den letztendlichen Einsatzzustand des Bauteiles darstellen. Um dies zu erreichen, ist ein Glühen mit vollständiger Ferrit-Austenit-Umwandlung bzw. bei übereutektoiden Stählen (> 0,8% C) mit teilweiser Karbidauflösung notwendig. Um Kornvergröberung und Festigkeitsabfall zu vermeiden, soll die Glüh- bzw. Austenitisierungstemperatur von untereutektoiden Stählen (< 0,8% C) die Umwandlungstemperatur Ac3 nur wenig um etwa 20 - 50 K überschreiten. Übereutektoide Stähle werden nicht vollständig austenitisiert, sondern lediglich auf ca. 30 - 60 K oberhalb der Ac1-Temperatur erwärmt. Das Aufheizen des Glühgutes auf Glühtemperatur kann in Abhängigkeit von der Geometrie und den Abmessungen schnell erfolgen. Für nicht zu dickwandige Bauteile ist der Bereich 100 - 150 K/h gut geeignet. Zur Festlegung der Haltezeit hat sich die Faustformel (max. Wanddicke / 2 + 20 min [min]) im Hinblick auf eine vollständige Durchwärmung in vielen Fällen bewährt. Eine Ausnahme bildet das Beseitigen von Verunreinigungen und intermetallischen Phasen an den Korngrenzen von Stahlguss, da zu deren sicheren Auflösung eine längere Haltedauer im Austenitbereich notwendig ist. Zur Vermeidung von Grobkornbildung ist nach der Durchwärmung sofort zügig abzukühlen. Eine schnelle Abkühlung, in der Regel an ruhender oder bewegter Luft, ist notwendig, da die Gefügedispersität nach dem Glühen umso günstiger ist, je schneller im Bereich der Perlitstufe abgekühlt wird. Ein gewisses Verzugsrisiko ist, insbesondere bei langen und dünnwandigen Bauteilen bei derartigen Hochtemperaturprozessen immer vorhanden, kann aber bei fachgerechter Bauteillagerung und Durchführung des Prozesses weitestgehend vermieden werden.<ref name="Glühen"/>
 
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
! style="width:30%"|Weichglühen Ablauf<ref name="Höfler"/> !! style="width:20%"|Temperaturbereich des Weichglühens!! style="width:50%"|
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Ausbildung der interkristallinen Korrossion im Gefüge. <ref>[http://images.google.de/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fupload.wikimedia.org%2Fwikipedia%2Fcommons%2Fthumb%2F2%2F28%2FIntergranular_corrosion.JPG%2F220px-Intergranular_corrosion.JPG&imgrefurl=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FInterkristalline_Korrosion&h=172&w=220&tbnid=fuK8HZ6ai7zW2M%3A&vet=1&docid=DFW1hAsAwBNzwM&ei=un5iWNqfCtjywQKWhIX4DQ&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=1266&page=0&start=0&ndsp=33&ved=0ahUKEwja5NDRzpTRAhVYeVAKHRZCAd8QMwgxKAEwAQ&bih=841&biw=1745 Bild interkristalline Korrossion, Wickipedia, Abruf am 27.12.2016]</ref>'''<ref name="Höfler"/>
 
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|[[File: Normalgluehen.png|400px|center]]
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|[[File:Intergranular_corrosion.JPG|400px|]]
|[[File: Temperaturbereich normalgluehen.png|300px|center]]
 
 
|}
 
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===='''Bearbeitungsglühen'''====
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Mit folgenden Maßnahmen kann der Kornzerfall bekämpft werden:
Der in der Vergangenheit als ''BG''-Glühen, jetzt '''FP''', oder Bearbeitungsglühen bezeichnete Prozess wird in der aktuellen Normung mit dem Ferrit-Perlit-Glühen gleichgesetzt. Bezüglich der Prozessparameter Aufheizen und Halten ist das FP-Glühen mit dem Perlitisieren vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht in einer gestaffelten Abkühlung mit einer Haltephase im Perlitbereich zur Bildung eines rein ferritisch-perlitischen Gefüges. Diese Wärmebehandlung wird insbesondere bei Einsatzstählen zur Verbesserung der Zerspanbarkeit angewendet.
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* '''Lösungsglühen''' der Bauteile nach dem Schweißen bei 1000bis 1100°C und anschließendes schnelles Abkühlen durch den Temperaturbereich der Chromkarbidbildung. Wegen der Verzugsgefahr und der Größe der Bauteile ist dieses Verfahren nur begrenzt anwendbar und außerdem nur dann wirksam, wenn der Stahl nach den Schweißarbeiten noch keinem Angriffsmittel ausgesetzt war und im Betrieb oder auch bei Reparaturarbeiten nicht wieder kritische Temperaturen auftreten.
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* '''Stabilisierungsglühen''' der geschweißten Bauteile bei 700 bis 800 °C. Wenn lange genug geglüht wird,  bis zu 24h, verbraucht sich der Kohlenstoff bei der Karbidbildung, und das diffusionsträgere Chrom wandert allmählich in die Chromverarmten Korngrenzenbereiche nach, die dadurch wieder zur Passivierung fähig werden. Voraussetzung für das Gelingen dieses Verfahrens ist ein genügend hoher Chromgehalt, der auch nach dem völligen Verbrauch des Kohlenstoffs für die Bildung chromreicher Karbide noch zur Passivierung ausreicht. Auch dieser aufwendigen Methode sind durch Form und Größe der Bauteile Grenzen gesetzt.
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='''Lösungsglühen  bei Aluminium'''=
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Das Lösungsglühen wird auch als Zwischenschritt in der Wertschöpfungskette zwecks einer vorübergehend besseren Bearbeitbarkeit angewendet. Die für die schlechte Bearbeitbarkeit verantwortlichen Ausscheidungen werden durch das Glühen gelöst. Wird das Werkstück dann rasch abgekühlt, so entsteht zunächst ein übersättigtes (metastabiles) Mischkristallgefüge ohne Ausscheidungen. In diesem Zustand wird vorrübergehend eine bessere Bearbeitbarkeit des Werkstoffes erzielt. Durch eine spätere Kalt- oder Warmauslagerung werden die Ausscheidungen dann gebildet und der Werkstoff erhält seine ursprünglichen Eigenschaften zurück. Dieses Verfahren findet bspw. bei der Ausscheidungshärtung von Aluminiumlegierungen Anwendung.
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='''Bearbeitungsglühen'''=
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Der in der Vergangenheit als ''BG''-Glühen, jetzt '''FP''', oder Bearbeitungsglühen bezeichnete Prozess wird in der aktuellen Normung mit dem Ferrit-Perlit-Glühen gleichgesetzt. Bezüglich der Prozessparameter Aufheizen und Halten ist das FP-Glühen mit dem Perlitisieren vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht in einer gestaffelten Abkühlung mit einer Haltephase im Perlitbereich zur Bildung eines rein ferritisch-perlitischen Gefüges. Diese Wärmebehandlung zur Verbesserung der Zerspanbarkeit angewendet.
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='''Ferritglühen'''=
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='''Ferritisierungsglühen'''=
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Glühen von Gußwerkstoffen zum Beseitigen von Carbiden mit nachfolgendem langsamen Abkühlen zum Erzielen einer guten Spanbarkeit.<ref name="TGL 21862"/>
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='''Zähglühen'''=
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Kurzzeitiges Glühen ferritischer Chromstähle bei 750°C bis 850 °C mit anschließendem schnellen Abkühlen.<ref name="TGL 21862"/>
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='''Tempern'''=
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Der Begriff Tempern beschreibt allgemein das erwärmen eines Materials über einen längeren Zeitraum. Durch Tempern ist es möglich, gezielt die Struktur eines Festkörpers zu ändern, beispielsweise das Gefüge bei Bauteilen aus Gusseisen<ref name="WBH-Grundlagen"/> <ref name= "Tempern"/>.
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=='''Tempern von Eisengusswerkstoffen'''==
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Bei Temperguss handelt es sich um eine Eisen-Kohlenstoff-Silizium-Gusslegierung mit einem Stahlgefüge aus Ledeburit. Anders als Eisengusswerkstoffe (Gusseisen mit Lamellengraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit) erstarrt Temperguss graphitfrei. Erst durch eine anschließende Wärmebehandlung, die als Tempern bezeichnet wird und von welcher der Temperguss seinen Namen hat, wird die Gefügeumwandlung des Zementits ausgelöst. Nach einer langen Glühzeit zerfällt der Zementit und Graphit, der als Temperkohle bezeichnet wird, wird freigesetzt. Bei Temperguss unterscheidet man zwischen weißem und schwarzem Temperguss, was auf das Aussehen der Bruchfläche zurückzuführen ist<ref name= "Tempern"/>.
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==='''Tempern auf weißen Temperguss'''===
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Um einen weißen Temperguss zu erhalten, wird der Temperrohguss (untereutektisches weißes Gusseisen) geglüht („Glühfrischen“). Damit wird der Kohlenstoffanteil im Gussstück weitestgehend gesenkt. Dadurch wird das Gussstück im Randbereich etwas zäher. Der Rohguss wird bei 1000 °C etwa 60–120h in einer oxidierenden Atmosphäre geglüht (im Gasstrom getempert). Dabei laufen folgende Reaktionen ab:
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* Reaktion 1 (im Inneren des Gussteils):
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** Fe<sub>3</sub>C → 3Fe + C
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* Reaktion 2 (an der Oberfläche des Gussteils):
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**  C + O<sub>2</sub> → CO<sub>2</sub>
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* Reaktion 3 (eigentliche Entkohlung – selbstlaufender Prozess)
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** CO<sub>2</sub> + C → 2CO dazu kommt jetzt wieder O<sub>2</sub> + 2CO → 2CO<sub>2</sub>
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Der Zementit (Fe<sub>3</sub>C) des Gussstücks zerfällt in der ersten Reaktion in drei Eisen- und ein Kohlenstoffatom. Dieser Kohlenstoff reagiert an der Gussoberfläche mit dem Sauerstoff und wird dadurch dem Gussteil entzogen (Reaktion 2). Im Zuge des Bestrebens um einen Konzentrationsausgleich diffundiert weiter der Kohlenstoff aus dem Guss an den Rand des Gussstücks und verbindet sich mit dem Sauerstoff der umgebenden Luft. Dadurch findet eine allmähliche Entkohlung des Werkstücks statt (Reaktion 3). Gleichzeitig ballt sich der restliche Kohlenstoff im Kern des Gussstücks zu Temperkohleknöllchen zusammen. Die Entkohlung des Werkstücks ist stark abhängig von der Dauer des Tempervorgangs und von der Wanddicke des Gussstücks. Eine gleichmäßige Entkohlung entsteht nur bei einer Wanddicke von 2–3 mm, bei dickeren Gussstücken findet nur eine Randentkohlung und ein Zerfall des Zementits (Fe<sub>3</sub>C) zu Eisen und Temperkohle statt<ref name= "Tempern"/>.
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===='''Gefügeausbildung des weißen Temperguss'''====
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Das Gefüge des weißen Tempergusses bei Wanddicken unter 3 mm besteht aus einer ferritischen Matrix und ganz wenig bzw. keinen Temperkohleknöllchen (in der Mitte). Bei Wanddicken über 3 mm teilt sich das Gefüge des weißen Tempergusses in drei Bereiche auf:
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* Die entkohlte Randzone, bestehend aus Ferrit. Die Oberfläche enthält oft einen mit Oxiden durchsetzten Saum.
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* Der Übergangsbereich, bestehend aus einer ferritisch-perlitischen Grundmatrix und einigen Temperkohleknöllchen.
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* Die Kernzone, bestehend aus einer perlitischen Grundmatrix und Temperkohleknöllchen.
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Die Entkohlungstiefe wird durch eine mitgeglühte Keilprobe ermittelt. Ihr metallografischer Anschliff gibt Aufschluss über die Gefügeausbildung. Bei unsachgemäßem Tempern können Gefügefehler auftreten. Zum Beispiel können die Grafitnester zu sogenanntem „Faulbruch“ führen, sie sind schon im Rohguss entstanden. Es kann auch eine Rückentkohlungserscheinung auftreten, dabei scheiden sich am Rand Carbide am Ferrit ab in Form von Sekundärzementit, evtl. Ledeburit.<ref name= "Tempern"/>
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==='''Tempern auf schwarzen Temperguss'''===
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Beim Tempern wird bei neutraler Atmosphäre in zwei Stufen geglüht. Aufgrund der neutralen Atmosphäre wird hierbei das Gusseisen nicht entkohlt. Der Zementit zerfällt infolge des hohen Kohlenstoff– und Siliziumgehalts vollständig in Ferrit und Temperkohle: Fe<sub>3</sub>C → 3Fe + C. Die Temperkohle entsteht durch das Ausscheiden des elementaren Kohlenstoffs beim Glühen in Form von Knoten oder Flocken. Das Erscheinungsbild dieser Knoten hängt von dem Mangan–Schwefel–Verhältnis ab. Dadurch erreicht der Werkstoff stahlähnliche Eigenschaften der Duktilität.
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* Die erste Stufe dieser Wärmebehandlung wird auch 1. Grafitisierungsstufe genannt. Eutektische Carbide zerfallen und lösen sich bei 940–960 °C in einer Zeit von ca. 20 h im Grundgefüge (Austenit). Dabei scheidet sich auch elementarer Kohlenstoff, wie oben erwähnt, als Temperknoten aus. Das Gefüge besteht nun aus Austenit und Temperkohle.
  
===='''Ferritglühen'''====
+
* Bei der zweiten Stufe, die man auch als 2. Grafitisierungsstufe bezeichnet, wird das Grundgefüge bestimmt. Um die zweite Stufe einzuleiten, wird die Temperatur auf ca. 800 °C abgesenkt. Wird nun langsam (mit 3–5 °C pro h) zwischen 800 und 700 °C abgekühlt oder mehrere Stunden zwischen 760 und 680 °C die Temperatur gehalten, so erfolgt eine stabile eutektoide Umwandlung. γ → α + C. Der Kohlenstoff hat somit die Möglichkeit, aus dem Austenit zu der bereits bestehenden Temperkohle zu diffundieren und dessen Bestandteil zu werden. Das Gefüge besteht dann aus Ferrit (Matrix) und Grafit und eventuellen Resten des Perlits. Die Temperkohle ist über den gesamten Querschnitt der Probe gleichmäßig verteilt. Der Werkstoff ist sehr weich und besteht aus Ferrit und Grafit. Bsp.: GJMB – 350 Bei der schnellen Abkühlung zwischen 800 und 700 °C an der Luft wird der eutektoide Bereich schnell durchlaufen und es entsteht ein eutektoid metastabil erstarrtes Gefüge aus Perlit.
Bei Gusseisenwerkstoffen wird durch das Ferritisieren die Auflösung des freien Zementits sowie des im Perlit vorliegenden Zementits in Ferrit und Graphit angestrebt, was zu einer deutlichen Absenkung der Härte führt (Weichglühen für Gusswerkstoffe). Der Prozess ist durch die Diffusion des im Zementit gebundenen Kohlenstoffs zum Graphit gekennzeichnet, wobei Perlitzerfall bereits ab ca. 400°C einsetzt und ab etwa 620°C signifikant ansteigt. In Abhängigkeit vom Ausgangsgefüge und der chemischen Zusammensetzung des Gusseisens werden 3 Temperaturbereiche unterschieden. Unlegierte Gusseisen werden zur Ferritisierung kurz unterhalb Ac1 im Bereich zwischen 700°C und 760°C geglüht, wobei durch Perlitzerfall (Zementitauflösung) Ferrit und Graphit entstehen. Bei geringen Siliziumgehalten oder hohen Anteilen an karbidstabilisierenden Elementen, wie sie in legierten Gusseisen auftreten, wird im mittleren Temperaturbereich oberhalb Ac1 (T > 790°C) geglüht. Hierbei ist auf eine langsame Abkühlung (10 - 20 K/h) im Bereich zwischen 800°C und 680°C zu achten, da andernfalls eine unerwünschte Perlitbildung einsetzen kann. Das Ferritisieren bei Temperaturen wesentlich oberhalb Ac1 (mind. 855°C) wird angewendet, wenn im Gusseisen zusätzlich freier Zementit oder beständigere Karbide umgewandelt werden sollen. Bei erhöhten Phosphorgehalten (> 0,3 %) ist eine Glühtemperatur unterhalb 955°C unbedingt einzuhalten, um das Aufschmelzen des Phosphideutektikums zu verhindern. Werden an Gusseisen mit Kugelgraphit hohe Zähigkeitsanforderungen gestellt, ist ein mehrstufiges Ferritglühen oftmals unumgänglich. Als Mindesthaltezeit bei Glühtemperatur kann eine Stunde je 25 mm der maximalen Bauteilwanddicke angenommen werden. Die Abkühlung erfolgt langsam und geregelt im Ofen bis zu Ausfahrtemperaturen von ca. 200 - 300 °C und anschließend an ruhender Luft, wodurch hier ein zusätzliches Spannungsarmglühen, wie es etwa nach dem Perlitisieren notwendig ist, nicht erforderlich ist. Konstruktiv zu beachten ist, dass das Ferritglühen, infolge der Graphitausscheidung, immer eine Volumenvergrößerung des Bauteils bewirkt.<ref name="Glühen"/>
 
  
===='''Lösungsglühen'''====
+
* Durch sehr schnelles Abkühlen entsteht ein martensitisches Gefüge. Nach dem Tempern kann noch angelassen werden. Bei beispielsweise 600 °C entsteht GJMB – 700, bei 700 °C GJMB – 450. Bei 620 °C wird der Perlit eingeformt (globularer Zementit).
Ein Wärmebehandlungsprozess, der vorwiegend bei austenitischen Güten aber auch Duplexstählen Anwendung findet, ist das Lösungsglühen. Dabei werden die im Gefüge vorliegenden Karbidausscheidungen sowie weitere Phasen im Mischkristall in Lösung gebracht und durch eine schroffe Abkühlung an einer erneuten Ausscheidung gehindert. Des Weiteren dient das Lösungsglühen von austenitischen Werkstoffen einer Rekristallisation von kaltverformten Gefügebereichen und damit dem Abbau von Kaltverfestigungen. Die Bauteile werden dazu nach einer zügigen Aufheizung im Bereich zwischen 950°C und 1.200°C in Abhängigkeit von den Bauteilabmessungen für wenige Minuten bis zu einigen Stunden gehalten und anschließend möglichst schnell abgekühlt. Einige Stahlsorten sowie größere Wanddicken erfordern zum Erreichen der notwendigen Abkühlgeschwindigkeit am Bauteil eine Wasserabschreckung. Für dünnwandige Teile kann diese jedoch auch mit einer Abkühlung an bewegter Luft erreicht werden. Eine Abkühlung an bewegter Luft ist bei sehr großen Bauteilabmessungen oftmals die einzig praktisch realisierbare Variante, die zudem mit einer Senkung des Verzugsrisikos verbunden ist.<ref name="Glühen"/>
 
  
Auch Al-Metalle werden vor einer Wärmebehandlung, wie der T6 Behandlung, Lösungsgeglüht. Zu diesem Zweck erfolgt ein Lösungsglühen im Einphasengebiet der α-Phase bei Temperaturen von ca. 10 ... 20 K unterhalb des Soliduspunktes der Legierung, meist im Temperaturbereich 460 - 560°C. Bei dieser Temperatur löst sich die β-Phase vollständig in der α-Phase. Anschliessend wird im flüssigen Medium (meist Wasser) auf Raumtemperatur abgeschreckt, um Diffusionsvorgänge und damit das Wiederausscheiden gelöster Legierungsbestandteile (β-Phase) in den Al-Mischkristall (α-Phase) zu verhindern. Im Ergebis dieses Prozesses liegt ein übersättigter α-Mischkristall vor, der mehr Atome der β-Phase enthält als es seinem Gleichgewichtszustand bei dieser Temperatur entsprechen würde.
+
Kennzeichnend für schwarzen Temperguss ist, dass das Gefüge bis auf eine schmale Randzone von 0,2 mm Tiefe ohne Temperkohle auf Grund der nichtentkohlenden Glühung wanddickenunabhängig ist<ref name= "Tempern"/>.
Aus Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagrammen können die Lösungsglühtemperatur und die Abschreckgeschwindigkeit bzw. Warmauslagerungstemperatur und -dauer entnommen werden.
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===='''Gefügeausbildung des schwarzen Temperguss'''====
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In der ersten Glühstufe zerfällt der Zementit des Ledeburits, bei 950 °C zu Austenit und Temperkohle. Während der zweiten Glühstufe zerfällt der Austenit zu Ferrit und Temperkohle. Das Grundgefüge hängt von der Abkühlungsgeschwindigkeit im eutektoiden Bereich ab.
  
===='''Stabilisierungsglühen'''====
+
* Ferritisches Grundgefüge
Um Schweißverbindungen aus hochlegierten Stählen wirkungsvoll vor Kornzerfall durch interkristalline Korrosion zu schützen, bietet sich ein Stabilisierungsglühen im Bereich zwischen 850°C und 1.050°C an. Dabei werden durch das Schweißen verursachte Chromkarbide an den Korngrenzen in Lösung gebracht und damit beseitigt. Eine zügige Abkühlung, in der Regel an bewegter Luft, erhält diesen Gefügezustand dauerhaft. Sind Legierungselemente wie Titan, Niob oder Tantal im Gefüge vorhanden, kann dagegen langsam im Ofen abgekühlt werden, was für verzugsemfindliche Bauteilgeometrien oftmals die schonendere Variante darstellt. Aufgrund der im Vergleich zu Chrom höheren Affinität des Kohlenstoffs zu diesen Elementen bilden sich thermodynamisch stabilere Karbide. Im Resultat bleibt das Chrom im Gefüge gleichmäßig verteilt und die Bildung chromverarmter Bereiche, vor allem an den Korngrenzen, und die damit verbundene lokale Depassivierung des Materials wird wirkungsvoll vermieden. Stähle mit sehr geringen Kohlenstoffgehalten verhalten sich prinzipiell ähnlich. Bei diesen ist jedoch aufgrund der weitgehenden Abwesenheit von Kohlenstoff im Gefüge die Gefahr der Bildung von Chromkarbiden ohnehin nicht gegeben, womit ein Stabilisierungsglühen für diese Güten nicht erforderlich ist. In Abhängigkeit von den Abkühlbedingungen und der Bauteilgeometrie kann anschließend ein Spannungsarmglühen bei Temperaturen unterhalb 480 °C durchgeführt werden, um etwaige, durch schroffe Abkühlung verursachte, innere Spannungen abzubauen.<ref name="Glühen"/>
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** Durch langsames Abkühlen zwischen 700 und 800 °C (Genaueres s. Herstellung) findet die eutektoide Umwandlung unter stabilen Bedingungen statt. γ → α + C
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** Der Ferrit bildet die Matrix, und die Temperkohle liegt gleichmäßig verteilt vor, wenn in allen Bereichen der Probe in etwa dieselben Abkühlungsbedingungen galten. Je weniger Mangan und Schwefel vorhanden sind, umso kompakter ist die Temperkohle ausgebildet. Mangan und Schwefel hindern den Grafit daran, sich in Kugelform zu agglomerieren, woraus die zerklüftete und knotenförmige Ausbildung der Temperkohle folgt.
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* Perlitisches Grundgefüge
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** Durch das Erwärmen auf 700–800 °C,schnelles Abkühlen (vorangegangenes Abschrecken s. Herstellung) erstarrt der Werkstoff metastabil zu Perlit. γ → α + Fe<sub>3</sub>C. Hier bildet der Perlit das Grundgefüge. Auch bei dieser Erstarrung kann die Temperkohle unterschiedlich ausgebildet sein.
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* Martensitisches Grundgefüge
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** Bei sehr schneller Abkühlung entsteht das martensitische Gefüge. Die Diffusion wird durch die sehr hohe Abkühlungsgeschwindigkeit unterdrückt. Durch den teilweisen Zusammenfall des Raumgitters entsteht ein durch den Kohlenstoff verzerrtes und verspanntes Gitter, es entsteht Martensit. Das Vergütungsgefüge entsteht durch das Anlassen des martensitischen Gefüges oder durch gesteuerte Abkühlung auf dieses Gefüge.
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* Mischgefüge
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** Es können auch ferritisch-perlitische Gefüge entstehen. Das geschieht, wenn die eutektische Erstarrung teilweise stabil und metastabil stattfindet. Schmelze → γ + C (stabil) und Schmelze → γ + Fe<sub>3</sub>C (metastabil).
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Die eutektoide Umwandlung verläuft wieder metastabil. Zu erwarten ist ein Gefüge mit je nach Abkühlungsgeschwindigkeit unterschiedlich viel Perlit- und Ferritanteil und Temperkohle. Die Temperkohle kann unterschiedliche Formen, Größen und Anordnungen besitzen.<ref name= "Tempern"/>
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=='''Tempern nach galvanischen Prozess'''==
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Eine Wärmebehandlung während oder nach dem galvanischen Prozess, zum austreiben des aufgenommenen Wasserstoffes (H), z.B. bei der Herstellung von hochfesten Teilen der Verbindungstechnik (Schrauben, Bolzen usw.), wird ebenfalls als Tempern bezeichnet.
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'''Tempern / Wasserstoffentspröden''' gemäß DIN EN 2081<ref>DIN EN 2081, Metallische und andere anorganische Überzüge - Galvanische Zinküberzüge auf Eisenwerkstoffen mit zusätzlicher Behandlung, Beuth Verlag, Berlin</ref> und verschiedenen Werksnormen.
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Tempern ist eine Wärmebehandlung. Hochfeste Stahlteile, die eine Zugfestigkeit größer 1000 MPa haben, müssen nach einer galvanischen Bearbeitung oder dem Beizen getempert, d.h. wasserstoffentsprödet werden.
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{| class="wikitable"
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|-class="hintergrundfarbe9"
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! style="width:50%" style="text-align:left"|'''Verfahrensablauf beim Tempern / Wasserstoffentspröden'''
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* Der Verfahrensablauf bei der galvanischen Beschichtung sollte so abgestimmt sein, dass bei den einzelnen Verfahrensschritten nach Möglichkeit erst gar kein oder nur sehr wenig Wasserstoff aufgenommen werden kann. Auch kann es erforderlich sein, die gewünschte Schicht in zwei Schritten aufzubringen.  
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* Eine Wasserstoffversprödung kann auch im Reinigungsprozess entstehen, da beim Beizen in Säure Wasserstoff freigesetzt wird, der sich in das Metallgefüge einlagern kann. Dieser Wasserstoff diffundiert im Laufe der Zeit in das Materialinnere. Dadurch wird das Metallgefüge insgesamt instabil und das Material kann bei Belastung brechen (Sprödbruch).
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* Um einen eventuellen Sprödbruch zu verhindern, wird nach dem Galvanisieren oder Beizen eine Wasserstoffentsprödung durch Tempern durchgeführt.  
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* Bei diesem Temperprozess wird das Material in einem Umluftofen erwärmt und der im Material befindliche Wasserstoff bei Temperaturen zwischen 180°C und 230°C ausgetrieben.  
 +
* Die Härte und die Materialstärke, aber auch die Geometrie der Teile (Schüttgut) bestimmen die Haltezeit, da die Teile je nach Geometrie mehr oder weniger aufeinanderliegen.
 +
* Phosphatierte Teile werden bei niedrigeren Temperaturen getempert.
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* Es findet keine Gefügeumwandlung statt.
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* Die Anlasstemperatur des Werkstoffes, bei z.B. Anlassempfindlichen Werkstoffen ist zu beachten.
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|-
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|-class="hintergrundfarbe9"
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|!! style="width:50%" style="text-align:left"| '''Die Vorteile des Temperns / Wasserstoffentsprödens auf einen Blick:'''
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|-
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* Sprödbruch vermeiden
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* Materialspannungen reduzieren, Gefüge homogenisieren
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|}
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=='''Tempern nach Härteprozess'''==
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Bei bestimmten Lehren und Kalibern, aus sekundär gehärteten Kaltarbeitsstählen wie 1.2379 usw., wird nach dem Endbearbeiten ein Tempern mittels einer Pendelglühung 150h, bei 140°C +/- 10°C durchgeführt, dies soll die Langzeitmaßstabilität verbessern.
  
 
= '''Einzelnachweise''' =
 
= '''Einzelnachweise''' =
 
<references>
 
<references>
 
<ref name="Höfler">Dipl.-Ing.-Päd. Andreas Höfler, 75443 Ötisheim, Akazienweg 8, Maschinenbau & Physik, www.ahoefler.de/de/maschinenbau/werkstoffkunde/27-waermebehandlung.html</ref>
 
<ref name="Höfler">Dipl.-Ing.-Päd. Andreas Höfler, 75443 Ötisheim, Akazienweg 8, Maschinenbau & Physik, www.ahoefler.de/de/maschinenbau/werkstoffkunde/27-waermebehandlung.html</ref>
<ref name="Glühen">Glüherei GmbH Magdeburg, Homepage, www.glueherei.de</ref>
+
<ref name="Eckstein">H.J. Eckstein Herausgeber, ''Technologie der Wärmebehandlung von Stahl'', VEB Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig</ref>
<references />
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<ref name="TGL 21862">TGL 21862/01, ''Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen - Klassifizierung und Terminologie der Grundverfahren'', 1982, Norm der DDR</ref>
 +
<ref name= "Tempern">[https://de.wikipedia.org/wiki/Temperguss Wikipedia - Temperguß, abgerufen Wikipedia am 12. Dezember 2016]</ref>
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<ref name="Metallographie in der Praxis">[http://www.arnold-horsch.de/seminare '''Arnold Horsch'''], Seminar Metallographie in der Praxis, Teil 1, Arnold Horsch e.K., Remscheid</ref>
 +
<ref name="WBH-Grundlagen">[http://www.arnold-horsch.de/seminare '''Arnold Horsch'''], Seminar Werkstoffprüfung + Metallographie für Auszubildende und Labormitarbeiter, Kapitel Grundlagen der Wärmebehandlung, Arnold Horsch e.K., Remscheid</ref>  
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</references >

Aktuelle Version vom 1. Januar 2023, 09:55 Uhr

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Definition des Glühens

Hoch- und Durchwärmen auf eine Temperatur, Halten und nachfolgendes Abkühlen zum Erzielen einer bestimmten Gefügeausbildung oder vermindern vorhandener Spannungen.[1] [2]
Das nachfolgende Glühschaubild zeigt die Temperaturlagen der verschiedenen Glühprozesse bei Stahl im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm

Grundlegenden Glüharten Glühtemperaturbereiche für Stahl- und Eisenwerkstoffe [3]
  • Glühen
  • Diffusionsglühen
  • Grobkornglühen
  • Spannungsarmglühen
  • Rekristallisationsglühen
  • Perlitglühen
  • Weichglühen
  • Normalglühen
  • Lösungsglühen
  • Bearbeitungsglühen
  • Ferritisierungsglühen
  • Zähglühen
  • Tempern
    • auf weißen Temperguß
    • auf schwarzen Temperguß
Glühen-1.jpg

Diffusionsglühen

Das Diffusionsglühen oder Homogenisieren ist ein Wärmebehandlungsprozeß, der darauf hinzielt, Konzentrationsunterschiede im Werkstück bzw. Gefügeheterogenitäten zu beseitigen. Die Gefügeheterogenität kann in folgende Gruppen eingeteilt werden:

  • zonenförmige Heterogenität
  • anisotrope Heterogenität
  • isotrope Heterogenität

Bei allen aufgeführten Arten kann sich die Heterogenität jeweils auf die Form, die Anordnung bzw. die Abmessungen der Gefügebestandteile oder Teilchen beziehen. Die zonenförmige Heterogenität erstreckt sich über größere Bereiche, wobei die Form der Zonen (z. B. Bereiche mit erhöhtem Anteil ausgeschiedener Phasen, Gebiete mit Härtungsgefüge) von der äußeren Form des Guß- bzw. Werkstückes abhängig ist. Die Bildung der anisotropen Heterogenität ist an das Vorhandensein von Vorzugsrichtungen im Werkstoff gebunden, wie sie z. B. bei der plastischen Deformation und der Transkristallisation entstehen. In die Gruppe der anisotropen Heterogenität sind z. B. die sekundäre Gefügezeiligkeit ferritisch-perlitischer Stähle und die zeilige Anhäufung von Karbiden bei Stählen mit höherem Kohlenstoffgehalt (Karbidzeiligkeít) einzuordnen. Die isotrope Heterogenität wird nicht von Vorzugsrichtungen im Werkstoff bestimmt. Typisch für diese Art der Heterogenität ist die ungleichmäßige Anordnung von Gefügebestandteilen in Nestern, die gleichmäßig über das gesamte Volumen verteilt sind. Entmischungen im mikroskopischen (Kristallseigerungen) Bereich führen zu den genannten anisotropen und isotropen Heterogenitäten. Die eigentliche Ursache liegt darin, daß bei einer technischen, d. h. ungleichgewichtsmäßigen Erstarrung immer Konzentrationsunterschiede entstehen, weil der Gleichgewichtszustand beim Übergang flüssig /fest nicht erreicht wird. Demzufolge sind immer Konzentrationsunterschiede zwischen den primär gebildeten Dendriten und den interdendritischen Räumen vorhanden, wobei die Anordnung geseigerter Bereiche im Gefüge von der Dendritenmorphologie abhängig ist. Die Neigung zur Entmischung während der Erstarrung im Mikrobereich wird von Art und Menge der anwesenden Legierungs- und Begleitelemente beeinflusst. Da bei verformtem Material, das in einer Vorzugsrichtung Verformt worden ist (z. B. durch Walzen oder Schmieden) diese geseigerten Mikrobereiche je nach ihrer Formänderungsfestigkeit mehr oder weniger stark in die Länge gestreckt werden, äußern sich die Kristallseigerungen in der Regel als zeilenförmige Anordnungen bzw. Primärzeilen.[1] Das Diffusionsglühen wird bei hohen Temperaturen >1050°C - 1300°C und sehr langen Haltezeiten 50h durchgeführt.

Diffusionsglühen Ablauf[4] Temperaturbereich des Diffusionsglühens[4] Anisotrope Heterogenität[5]
Diffusionsgluehen.png
Temperaturbereich diffusionsgluehen.png
Diffusion-1.jpg

Grobkornglühen

Beim Grobkornglühen handelt es sich um einen Wärmebehandlungsprozeß, der ebenso wie das Weichglühen darauf hinzielt, günstige Spanungseigenschaften zu erzielen. Die automatische Fertigung erfordert, daß sich die Werkstoffe wirtschaftlich spanabhebend bearbeiten lassen. Bei der Erfüllung dieser Forderung ist zu beachten, daß das Glühen auf nierdrigste Festigkeitswerte nicht in jedem Fall die beste Spanbarkeit ergibt, da unter Spanbarkeit ein Komplex von Eigenschaften verstanden werden muß. Je nach Bearbeitungsverfahren kommt der Werkzeugstandzeit, der Spanbildung, dem Energieaufwand und der erreichten Oberflächengüte besondere Bedeutung zu. Unter den Werkstoff bedingten Einflußfaktoren ist deshalb die Gefügeausbildung oft von größerer Bedeutung als die Härte und Festigkeit. Insbesondere bei niedriger Schnittgeschwindigkeit (Schneiden mit gehemmter Spanbildung, z. B. Räumen) wird durch die geringere Zähigkeit, die die grobkörnigen Gefüge in der Regel aufweisen, die erzielte Oberfiächengüte verbessert. Aus diesem Grund bietet sich bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt (z. B. Einsatzstählen), die infolge ihrer geringen Härte naturgemäß zum Schmieren mit schlechter Oberflächenausbildung neigen, ein Glühen zum Zweck der Kornvergröberung an.[1] Beim Grobkornglühen wird der Stahl im Bereich zwischen 950 °C und 1100 °C geglüht. Da die Diffusionsprozesse Zeit benötigen, muss je nach Dicke des Werkstückes mehrere Stunden lang geglüht werden. Aufgrund der ungünstigen mechanischen Festigkeitseigenschaften, bleibt das Grobkornglühen auf kohlenstoffarme Stähle beschränkt und wird nur sehr selten angewandt. Nach der spanenden Bearbeitung des Grobkorngefüges (Ziel war es ja eine bessere Zerspanbarkeit herzustellen), kann dieses anschließend durch Normalglühen wieder beseitigt werden.

Grobkornglühen Ablauf[4] Temperaturbereich des Grobkornglühens[4]
Grobkorngluehen.png
Temperaturbereich grobkorngluehen.png

Spannungsarmglühen

Ziel des Spanngsarmglühens ist die Verminderung innerer Spannungen von Werkstücken und Bauteilen, ohne daß die Eigenschaften wesentlich verändert werden. Spannungen können als Folge einer Kaltverformung, einer ungleichmäßigen Abkühlung oder stattgefundener Umwandlungen entstehen. Die Überlagerung innerer Spannungen mit Beanspruchungsspannungen kann zu unerwünschten Formänderungen (Verzug) oder sogar bis zum Bruch führen. Ist zu erwarten, daß solche Schwierigkeiten z. B. nach dem Warm- oder Kaltrichten, der spanabhebenden Bearbeitung, dem Schweißen, dem Abkühlen eines Gußstückes, dem Härten, auftreten, soll möglichst unverzüglich nach dem Entstehen der Spannungen das Spannungsarmglühen durchgeführt werden (vor allen Dingen dann, wenn Rißbildung zu befürchten ist). Spannungen im Werkstück können nur dadurch abgebaut werden, daß sie eine plastische Deformation im Mikrobereich auslösen. Das erfordert jedoch, daß die Streckgrenze des Werkstoffs unter den Betrag der Spannungen gesenkt wird. Je weiter die Streckgrenze auf Werte unterhalb des Spannungsniveaus gesenkt werden kann, um so größer ist das Ausmaß der plastischen Deformation und somit die Möglichkeit des Spannungsabbaus. Die Festigkeit und die Streckgrenze nehmen bei den meisten Werkstoffen naturgemäß mit steigender Temperatur ab. Demzufolge beinhaltet das Spannungsarmglühen immer ein durchgreifendes Erwärmen auf ein entsprechend hohes Temperaturniveau.

Die Glühdauer sollte 1 bis 2 Minuten je mm Blechdicke (bei einigen Stählen mindestens 2 Minuten je mm Blechdicke), mindestens jedoch 20 bis 30 Minuten oder mehr nach vollständiger Durchwärmung betragen. Die Temperatur selbst ist im allgemeinen begrenzt durch die Gleichgewichtsumwandlungstemperatur A1. In der Regel erfolgt das Spannungsarmglühen im Temperaturbereich von 450 bis 650 °C. Einschränkend muß dazu bemerkt Werden, daß bei vergüteten Stählen die Glühtemperatur nach oben hin durch die Anlaßtemperatur begrenzt ist. Aus Sicherheitsgründen sollte die maximale Glühtemperatur jedoch 20 bis 30 °C unterhalb der Anlaßtemperatur liegen. Nach einer derartigen Behandlung muß allerdings mit einem hohen Restspannungsanteil gerechnet werden, wenn eine relativ niedrige Anlaßtemperatur vorgeschrieben ist. Übersteigt dieser die zulässige Grenze, dann ist nur durch einen Stahl mit höherer Härtbarkeit Abhilfe zu schaffen, der es ermöglicht, auf ein milderes Abschreckmittel zurückzugreifen.

Auch bei anderen Werkstoffen darf mit Rücksicht auf Festigkeitsveränderungen eine Maximaltemperatur nicht überschritten Werden. Zum Beispiel sollte Gußeisen aus diesem Grund nicht oberhalb 550 °C geglüht Werden. Je niedriger die Glühtemperatur ist, um so länger muß im allgemeinen die Glühdauer sein. Stähle, die über Ausscheidungen verfestigt Werden, wie z. B. mikrolegierte Feinkornstähle höherer Festigkeit, müssen ebenfalls sorgfältig spannungsarm geglüht werden, falls dies notwendig ist. Es ist zu beachten, daß der Temperaturbereich von 530 bis 580 °C weder unterschritten (ungenügender Spannungsabbau) noch überschritten werden sollte (Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften durch Beeinflussung des Ausscheidungszustandes). Ein ausreichender Spannungsabbau ohne Rißbildung kann auch bei solchen empfindlichen Stählen durch Einhalten der vorgeschriebenen Glühtechnologie erzielt werden.[1]

Beim Spannungsarmglühen wird das Werkstück unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 450 °C und 650 °C geglüht. Die Eigenspannungen können niemals vollständig abgebaut werden. Nach dem Glühen muss das Werkstück anschließend langsam abgekühlt werden, um ein erneutes Entstehen von Spannung zu vermeiden. Meisten bleibt das Werkstück dabei im ausgeschalteten Glühofen ruhen bis zu einer Temperatur von ca. 250°C, danach kann an ruhender Luft abgekühlt werden.

Spannungsarmglühen Temperaturbereich[4]
Temperaturbereich spannungsarmgluehen.png

Rekristallisationsglühen

Das Gefüge von gewalzten, gebogenen oder tiefgezogenen Werkstücken wird durch die hohen Umformkräfte stark verformt. Hierdurch ändern sich auch die Werkstoffeigenschaften. Bei gewalzten Blechen kann dies zu einer starken Anisotropie durch die langgestreckten Kristalle führen, die auch als Walztextur bezeichnet wird. Zudem kommt es im Bereich der Umformstelle zur Kaltverfestigung, was die Festigkeit ansteigen lässt und die Verformbarkeit entsprechend herabsetzt. Soll das Bauteil in diesem Zustand weiter umgeformt werden, so steigt die Gefahr der Rissbildung. Mehrstufige Umformprozesse sind ohne Weiteres somit nicht möglich. Viele Bauteile bzw. Halbzeuge müssen allerdings im Laufe ihrer Produktion mehrfach umgeformt werden, um ihren Endzustand zu erreichen. So kann bspw. ein Stahlblock von mehreren Zentimetern Dicke nicht in einem Zuge bis auf wenige Millimeter gewalzt werden. Ziel muss es deshalb sein, die verformten Kristalle eines umgeformten Gefüges vor jedem mehrstufigen Umformprozess wieder in ihre ursprüngliche Form zu bringen. Dies kann mithilfe des sogenannten Rekristallisationsglühens erreicht werden.[4]

Rekristallisationsglühen Ablauf[4] Temperaturbereich des Rekristallisationsglühens[4]
Rekristallisationsgluehen 02.png
Temperaturbereich rekristallisationsgluehen.png

Beim Rekristallisationsglühen wird der Stahl unterhalb der PSK-Linie im Bereich zwischen 550 °C bis 700 °C geglüht. Es findet somit keine Gitterumwandlung statt, wie dies beim Normalglühen oder teilweise auch beim Weichglühen der Fall ist, obwohl auch bei diesen beiden genannten Verfahren ebenfalls ein Rekristallisationseffekt einsetzt. Beim Rekristallisationsglühen können die Korngrenzen durch Diffusionsprozesse wandern und die Körner sich somit neu bilden. Die verformten Körner nehmen ihre ursprüngliche Gestalt wieder an und der Werkstoff erhält seine Verformbarkeit zurück. Die Größe der rekristallisierten Körner hängt neben der Glühdauer und -temperatur in besonderem Maße davon ab, wie stark die einzelnen Körner verformt waren. Ein hoher Umformgrad mit sehr feinen langgestreckten Kristallen lässt das Gefüge eher feinkörnig rekristallisieren. Ein geringerer Umformgrad führt entsprechend zu einem grobkörnigeren Rekristallisationsgefüge. Gerade für ein gering verformtes Gefüge besteht hierdurch allerdings auch die Gefahr der Grobkornbildung. Diese Gefahr kann sich vor allem für kohlenstoffarme Stähle mit Kohlenstoffkonzentrationen unter 0,2% ergeben, sodass sich unter Umständen das Normalglühen besser für eine Kristallneubildung eignet. Für umwandlungsfreie Stähle, bei denen durch Legierungszusätze die γγ-αα-Umwandlung vollständig unterdrückt wird, bietet das Rekristallisationsglühen die einzige Möglichkeit der Feinkornbildung. Um also bei mehrstufigen Umformprozessen die Verformbarkeit des Werkstoffes stets zu erhalten, muss das Gefüge zwischen jedem Umformschritt rekristallisiert werden. Diese Verfahrensform wird dann auch als Zwischenglühen bezeichnet. Der Effekt der Rekristallisation kann auch bereits während dem Umformprozess selbst genutzt werden, indem im Bereich der Rekristallisationstemperatur umgeformt wird. Man spricht dann vom sogenannten Warmumformen. Wird der Werkstoff hingegen unterhalb der Rekristallisationstemperatur umgeformt (z.B. bei Raumtemperatur) spricht man vom Kaltumformen.

Perlitglühen

Ziel des Perlitglühens ist das Einstellen eines voll- oder teilperlitischen Gefüges, um die Festigkeitseigenschaften zu erhöhen oder um die Eigenschaften in unterschiedlichen Wanddickenbereichen eines Gußstücks zu vergleichmäßigen. Das Perlitglühen wird - in Anlehnung an die entsprechende Wärmebehandlung bei Stahlguß häufig auch als Normalisieren oder Perlitisieren bezeichnet. Beim Perlitglühen ist es im Prinzip gleichgültig, welches Ausgangsgefüge vorliegt, ob ferritisch (hier löst sich im Austenit beim Glühen oberhalb Ac1 ein Teil des als Graphit vorliegenden Kohlenstoffs) oder perlitisch mit eingelagertem freien Zementit beziehungsweise anderen Carbiden. Höhere Ferritgehalte im Ausgangsgefüge verlangen jedoch eine längere Haltezeit im Austenitbereich, um ausreichend Kohlenstoff zu lösen; eine andere Möglichkeit besteht in einer zweifachen Glühbehandlung, wobei in der ersten bei normaler Haltezeit der Ferritanteil halbiert werden kann. Das Perlitglühen erfordert in der ersten Phase ein Austenitisierungsglühen. ln der zweiten Phase erfolgt ein beschleunigtes Abkühlen, das schnell genug erfolgen muß, um keine Ferritbildung zu begünstigen, jedoch andererseits nicht so schnell sein darf, daß Härtungsgefüge entstehen kann. Vor allem bei Gußeisen mit Kugelgraphit sollte die Austenitisierungstemperatur nur so hoch wie nötig sein, weil bei längerer Haltezeit oberhalb 900 bis 920 °C der Austenit und der daraus entstehende Perlit vergröbert wird, was negative Auswirkungen auf die Zähigkeitseigenschatten hat. Die Abkühlgeschwindigkeit nach dem Austenitisieren wird von der aufgenommenen Wärmemenge der Gußstücke bestimmt: schwere, dickwandige Gußstücke müssen, um ein perlitisches Gelüge zu erhalten, meist an bewegter Luft abgekühlt werden, der gelegentlich noch ein Wassersprühnebel beigemischt wird, häufig kann die notwendige Abkühlgeschwindigkeit nur durch den Zusatz von Legierungselementen, wie zum Beispiel Kupfer, Nickel und/oder Molybdän, erreicht werden. Für dünnwandige Gußstücke genügt in der Regel das Abkühlen an ruhender Luft. Wird kein rein perlitisches Gefüge angestrebt, so kann dieses durch eine entsprechende Wahl von Glühtemperatur, -dauer und Abkühlgeschwindigkeit eingestellt werden.Auf diese Weise werden zum Beispiel bei Gußeisen mit Kugelgraphit Ferritanteile von 5 bis 20% in Form von Ferrithöfen um die Graphitkugeln erhalten, womit die Zähigkeitseigenschatten verbessert und die Rißwachstumgeschwindigkeit vermindert werden. Zum notwendigen Verringern der durch das schnelle Abkühlen eingebrachten meist höheren Spannungen genügt es theoretisch, nur bis etwa 550°C schnell abzukühlen, eventuell einige Zeit bei dieser Temperatur zu halten und anschließend im Ofen weiter abzukühlen. Da das exakte Abfangen bei diesen Temperaturen in der Praxis selten durchzuführen ist, wird meist auf unter 400°C abgekühlt und ein Spannungsarmglühen angeschlossen.[6]

Der Temperaturverlauf des Perlitglühens ist nachfolgend schematisch dargestellt.
Perlitglühen.jpg

Weichglühen

[4]Nicht jeder Werkstoff muss darauf ausgelegt sein, hohen mechanischen Kräften standzuhalten. Bei einer gebogenen Blechabdeckung mit ausgefrästen Sichtschlitzen kommt es bspw. nicht darauf an hohe Kräfte aufnehmen zu können. Vielmehr liegt der Fokus bei der Werkstoffauswahl dabei auf einer guten Verform- und Spanbarkeit des Stahls. Dies spielt insbesondere bei der automatisierten Fertigung mit hohen Losgrößen eine wichtige Rolle, um die Herstellung wirtschaftlich zu gestalten. Aus diesem Grund kann es erforderlich werden, das Gefüge eines Stahles so anzupassen, dass es sich besser umformen und/oder spanend bearbeiten lässt. Vor allem im Hinblick auf die Umformbarkeit gilt es also ein entsprechend weiches Gefüge herzustellen. Dies kann mithilfe des sogenannten Weichglühens erzielt werden.

Beim Weichglühen werden untereutektoide Stähle bis knapp unterhalb der PS-Linie erwärmt, sodass der Zementit gerade noch nicht zerfällt. Der lamellare Zementit hat nun genügend Zeit sich durch Diffusionsprozesse in die thermodynamisch günstigere, rundlichere Form umzuwandeln. Es bildet sich aus dem Streifenzementit des Perlits kugelförmiger Zementit (Kugelzementit). Nachdem der Zementit in die rundliche Form zerfallen ist, wird der Stahl langsam abgekühlt. Im Gegensatz zu untereutektoiden Stählen, werden übereutektoide Stähle beim Weichglühen dicht oberhalb bzw. pendelnd um die PSK-Linie erwärmt. Ein besonders homogenes Gefüge mit feinverteiltem Kugelzementit kann dadurch erreicht werden, dass der Stahl vor dem Weichglühen gehärtet wird. Der kugelförmige Zementit bildet sich dann aus dem bereits relativ homogenen Martensitgefüge.

Nach dem Weichglühen zeigt der Stahl aufgrund der kugelförmigen Zementitform eine wesentlich bessere Umformbarkeit. Ursache liegt in der erleichterten Versetzungsbewegung. Während sich die streifenförmigen Zementitlamellen teilweise komplett von einem Ende des Korns zum anderen ziehen, liegen die Zementitkugeln nur vereinzelt im Korn vor. Die Versetzungsbewegung wird durch den Kugelzementit somit weniger stark behindert als beim sich komplett durchziehenden Streifenzementit. Die Verformbarkeit nimmt entsprechend zu, während die Härte allerdings abnimmt. Somit wird ein nachträgliches Walzen, Biegen, Tiefziehen, etc. aufgrund verringerter Umformkräfte erleichtert. Außerdem wird durch den kugelförmigen Zementit eine bessere Spanbarkeit erreicht, da die Zementitkugeln gegenüber der Werkzeugschneide einen geringeren Widerstand entgegenbringen im Vergleich zur lamellaren Zementitform. Dies erhöht dementsprechend die Standzeit des Werkzeuges.

Weichglühen Ablauf[4] Temperaturbereich des Weichglühens[4]
Weichgluehen.png
Temperaturbereich weichgluehen.png

Normalglühen

Feine rundliche Körner führen im Allgemeinen zu besseren Zähigkeits- und Festigkeitswerten im Vergleich zu großen Körnern. Dabei ist ein einheitliches Gefüge wünschenswert, welches über den gesamten Bereich hinweg stets ähnlich kleine Körner aufweist. Nur so kann schließlich sichergestellt werden, dass der Werkstoff in jedem Punkt den gestellten Festigkeitsansprüchen im selben Maße gerecht wird. Ein homogenes Gefüge bereits während der Erstarrung zu erzielen erfordert hohe Ansprüche, da die Erstarrungsbedingungen nicht über die gesamte Schmelze hinweg identisch sein werden. So kühlt bspw. Stahlguss (in Formen gegossener Stahl) an den Kontaktstellen zur Formwand eventuell schneller ab als im Inneren. Während sich in den Randbereichen aufgrund der stärkeren Unterkühlung somit ein feinkörnigeres Gefüge einstellen wird, bilden sich im Inneren eventuelle größere Körner. Auch beim Schmieden kann ein heterogenes Korngefüge entstehen, da sich die Korngrenzen durch Diffusionsprozesse verschieben und sich die Körner gegenseitig vereinen können. Es kommt somit zu einer Kornneubildung mit der Folge eines heterogenen Gefüges. Denselben Effekt der Heterogenität können auch geschweißte Werkstücke im Bereich der Fügestelle aufweisen. Nicht nur innerhalb eines Werkstückes können sich auf die oben genannten Arten Unterschiede in den Stahleigenschaften einstellen, sondern auch von Charge zu Charge würden sich eventuell jedes Mal leicht unterschiedliche Eigenschaften ergeben. Kein Unternehmen kann es sich allerdings leisten, seinen Kunden Bauteile mit immer wieder unterschiedlichen (unvorhersehbaren) Eigenschaften anzubieten. Vielmehr muss sich der Kunde auf eine gleichbleibende Qualität verlassen können.

Aus diesem Grund ist es notwendig ein uneinheitliches Gefüge mithilfe einer gezielten Wärmebehandlung zu vereinheitlichen bzw. zu homogenisieren. Der Stahl bekommt hierdurch seine "normalen" Eigenschaften verliehen, die immer wieder reproduzierbar sind. Aus diesem Grund bezeichnet man das gezielte Homogenisieren bzw. Normalisieren eines Stahlgefüges auch als Normalglühen.[4]

Normalglühen Ablauf[4] Temperaturbereich des Normalglühens[4]
Normalgluehen.png
Temperaturbereich normalgluehen.png

Beim Normalglühen wird der Stahl bis knapp über die GSK-Linie erwärmt, sodass sich das Perlit vollständig in Austenit wandelt. Anschließend wird der austenitisierte Stahl langsam an Luft abgekühlt. Da sich während der γ-α-Umwandlung die Körner neu bilden, tritt eine Kornfeinung ein und verleiht dem Gefüge eine homogene Struktur. Die Temperatur während dem Normalglühen sollte nicht höher als ca. 30 °C über der GSK-Linie gewählt werden, da ansonsten die Gefahr der Grobkornbildung besteht. Ursache hierfür ist, dass große rundliche Körner energetisch gesehen günstiger sind als viele kleine. Deshalb ist das Gefüge stets bestrebt ein einziges großes Korn zu bilden. Hierfür sind unter anderem Diffusionsprozesse notwendig, die durch höhere Temperaturen begünstigt werden. Deshalb ist man beim Normalglühen bestrebt die Temperatur so gering wie möglich zu halten, um die Grobkornbildung zu vermeiden. Aus diesem Grund werden übereutektoide Stähle auch nicht komplett bis in das Austenitgebiet (oberhalb SE-Linie) erwärmt. Das Normalglühen findet vorzugsweise bei untereutektoiden Stählen Anwendung, deren Gefüge durch Fertigungsverfahren wie Schmieden, Walzen, Gießen, Schweißen etc. negativ beeinflusst wurden. Beim Walzen kann das Normalglühen bereits während dem Walzprozess durchgeführt werden (normalisierendes Walzen). Ein normalisiertes Gefüge zeichnet sich aufgrund der homogenen, feinen Struktur im Allgemeinen durch sehr gute Zähigkeits- und Festigkeitswerte aus.

Lösungsglühen und Stabilisierungsglühen bei Stahl

Die nichtrostenden austenitischen Stähle enthalten im allgemeinen als Hauptlegierungsbestandteile 16 bis 26% Chrom und 7 bis 26% Nickel. Die gebräuchlichsten Sorten liegen bei Chromgehalten zwischen 16,5 und 20 % und Nickelgehalten zwischen 8 und 17%. Bei diesen Legierungskombinationen wird durch den Nickelgehalt der Punkt A3 zu so tiefen Temperaturen verschoben, dass das γ-Gebiet praktisch nach unten offen ist und die γ - α Umwandlung nicht ablaufen kann. Diese Stähle sind deshalb unabhängig von der Abkühlungsgeschwindigkeit bei Raumtemperatur austenitisch.

Der Chromgehalt stellt die Korrossionsbeständigkeit sicher. Chrom ist unedler als Eisen und verbindet sich in den äußersten Atomschichten der Stahloberfläche an Luft oder in anderen oxydierenden Medien mit Sauerstoff zu einem für das Auge unsichtbaren, zusammenhängenden Oxidfilm, der den darunterliegenden Stahl vor weiterem Angriff schützt (passiviert). Einwandfreie Passivschichten bilden sich nur auf sauberen und glatten Oberflächen. Der Oxidfilm erneuert sich nach Beschädigung von selbst.

Erwärmt man einen homegenisierten austenitischen Stahl auf Temperaturen zwischen etwa 450 und 850°C, so verlässt der übersättigte gelöste Kohlenstoff die Zwangsbindung und bildet hochchromhaltige Karbide. Diese Karbide scheiden sich bevorzugt an Korngrenzen, aber auch an Zwillingsebenen aus, wo das gestörte Gitter Ausscheidungsvorgänge begünstigt. Die Grundmasse in der Umgebung der Korngrenzen kann dabei soweit an Chrom verarmen, dass in mikroskopisch schmalen Korngrenzenbereichen die Passivität des Stahles verlorengeht. Aggressive Medien. die mit einem durch Chromverarmung anfällig (sensibel) gewordenen nichtrostenden Stahl in Berührung kommen, fressen sich an den Grenzschichten interkristallin in den Stahl hinein und zerstören den Zusammenhalt der Körner. Beim Schweißen treten in den Wärmeeinflußzonen parallel und in bestimmten Abständen zur Schweißnaht zwangsläufig Sensibilisierungstemperaturen auf. Bei den austenitischen Stählen können sich deshalb in diesen Bereichen chromreiche Karbide an den Korngrenzen ausscheiden und damit zu kornzerfallsanfälligen (sensibilisierten) Zonen führen. Besonders anfällig ist der Stahl im Temperaturbereich zwischen etwa 600 und 700 °C.[7]

Ausbildung der interkristallinen Korrossion im Gefüge. [8][4]
Intergranular corrosion.JPG

Mit folgenden Maßnahmen kann der Kornzerfall bekämpft werden:

  • Lösungsglühen der Bauteile nach dem Schweißen bei 1000bis 1100°C und anschließendes schnelles Abkühlen durch den Temperaturbereich der Chromkarbidbildung. Wegen der Verzugsgefahr und der Größe der Bauteile ist dieses Verfahren nur begrenzt anwendbar und außerdem nur dann wirksam, wenn der Stahl nach den Schweißarbeiten noch keinem Angriffsmittel ausgesetzt war und im Betrieb oder auch bei Reparaturarbeiten nicht wieder kritische Temperaturen auftreten.
  • Stabilisierungsglühen der geschweißten Bauteile bei 700 bis 800 °C. Wenn lange genug geglüht wird, bis zu 24h, verbraucht sich der Kohlenstoff bei der Karbidbildung, und das diffusionsträgere Chrom wandert allmählich in die Chromverarmten Korngrenzenbereiche nach, die dadurch wieder zur Passivierung fähig werden. Voraussetzung für das Gelingen dieses Verfahrens ist ein genügend hoher Chromgehalt, der auch nach dem völligen Verbrauch des Kohlenstoffs für die Bildung chromreicher Karbide noch zur Passivierung ausreicht. Auch dieser aufwendigen Methode sind durch Form und Größe der Bauteile Grenzen gesetzt.

Lösungsglühen bei Aluminium

Das Lösungsglühen wird auch als Zwischenschritt in der Wertschöpfungskette zwecks einer vorübergehend besseren Bearbeitbarkeit angewendet. Die für die schlechte Bearbeitbarkeit verantwortlichen Ausscheidungen werden durch das Glühen gelöst. Wird das Werkstück dann rasch abgekühlt, so entsteht zunächst ein übersättigtes (metastabiles) Mischkristallgefüge ohne Ausscheidungen. In diesem Zustand wird vorrübergehend eine bessere Bearbeitbarkeit des Werkstoffes erzielt. Durch eine spätere Kalt- oder Warmauslagerung werden die Ausscheidungen dann gebildet und der Werkstoff erhält seine ursprünglichen Eigenschaften zurück. Dieses Verfahren findet bspw. bei der Ausscheidungshärtung von Aluminiumlegierungen Anwendung.

Bearbeitungsglühen

Der in der Vergangenheit als BG-Glühen, jetzt FP, oder Bearbeitungsglühen bezeichnete Prozess wird in der aktuellen Normung mit dem Ferrit-Perlit-Glühen gleichgesetzt. Bezüglich der Prozessparameter Aufheizen und Halten ist das FP-Glühen mit dem Perlitisieren vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht in einer gestaffelten Abkühlung mit einer Haltephase im Perlitbereich zur Bildung eines rein ferritisch-perlitischen Gefüges. Diese Wärmebehandlung zur Verbesserung der Zerspanbarkeit angewendet.

Ferritglühen

Ferritisierungsglühen

Glühen von Gußwerkstoffen zum Beseitigen von Carbiden mit nachfolgendem langsamen Abkühlen zum Erzielen einer guten Spanbarkeit.[2]

Zähglühen

Kurzzeitiges Glühen ferritischer Chromstähle bei 750°C bis 850 °C mit anschließendem schnellen Abkühlen.[2]

Tempern

Der Begriff Tempern beschreibt allgemein das erwärmen eines Materials über einen längeren Zeitraum. Durch Tempern ist es möglich, gezielt die Struktur eines Festkörpers zu ändern, beispielsweise das Gefüge bei Bauteilen aus Gusseisen[3] [9].

Tempern von Eisengusswerkstoffen

Bei Temperguss handelt es sich um eine Eisen-Kohlenstoff-Silizium-Gusslegierung mit einem Stahlgefüge aus Ledeburit. Anders als Eisengusswerkstoffe (Gusseisen mit Lamellengraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit) erstarrt Temperguss graphitfrei. Erst durch eine anschließende Wärmebehandlung, die als Tempern bezeichnet wird und von welcher der Temperguss seinen Namen hat, wird die Gefügeumwandlung des Zementits ausgelöst. Nach einer langen Glühzeit zerfällt der Zementit und Graphit, der als Temperkohle bezeichnet wird, wird freigesetzt. Bei Temperguss unterscheidet man zwischen weißem und schwarzem Temperguss, was auf das Aussehen der Bruchfläche zurückzuführen ist[9].

Tempern auf weißen Temperguss

Um einen weißen Temperguss zu erhalten, wird der Temperrohguss (untereutektisches weißes Gusseisen) geglüht („Glühfrischen“). Damit wird der Kohlenstoffanteil im Gussstück weitestgehend gesenkt. Dadurch wird das Gussstück im Randbereich etwas zäher. Der Rohguss wird bei 1000 °C etwa 60–120h in einer oxidierenden Atmosphäre geglüht (im Gasstrom getempert). Dabei laufen folgende Reaktionen ab:

  • Reaktion 1 (im Inneren des Gussteils):
    • Fe3C → 3Fe + C
  • Reaktion 2 (an der Oberfläche des Gussteils):
    • C + O2 → CO2
  • Reaktion 3 (eigentliche Entkohlung – selbstlaufender Prozess)
    • CO2 + C → 2CO dazu kommt jetzt wieder O2 + 2CO → 2CO2

Der Zementit (Fe3C) des Gussstücks zerfällt in der ersten Reaktion in drei Eisen- und ein Kohlenstoffatom. Dieser Kohlenstoff reagiert an der Gussoberfläche mit dem Sauerstoff und wird dadurch dem Gussteil entzogen (Reaktion 2). Im Zuge des Bestrebens um einen Konzentrationsausgleich diffundiert weiter der Kohlenstoff aus dem Guss an den Rand des Gussstücks und verbindet sich mit dem Sauerstoff der umgebenden Luft. Dadurch findet eine allmähliche Entkohlung des Werkstücks statt (Reaktion 3). Gleichzeitig ballt sich der restliche Kohlenstoff im Kern des Gussstücks zu Temperkohleknöllchen zusammen. Die Entkohlung des Werkstücks ist stark abhängig von der Dauer des Tempervorgangs und von der Wanddicke des Gussstücks. Eine gleichmäßige Entkohlung entsteht nur bei einer Wanddicke von 2–3 mm, bei dickeren Gussstücken findet nur eine Randentkohlung und ein Zerfall des Zementits (Fe3C) zu Eisen und Temperkohle statt[9].

Gefügeausbildung des weißen Temperguss

Das Gefüge des weißen Tempergusses bei Wanddicken unter 3 mm besteht aus einer ferritischen Matrix und ganz wenig bzw. keinen Temperkohleknöllchen (in der Mitte). Bei Wanddicken über 3 mm teilt sich das Gefüge des weißen Tempergusses in drei Bereiche auf:

  • Die entkohlte Randzone, bestehend aus Ferrit. Die Oberfläche enthält oft einen mit Oxiden durchsetzten Saum.
  • Der Übergangsbereich, bestehend aus einer ferritisch-perlitischen Grundmatrix und einigen Temperkohleknöllchen.
  • Die Kernzone, bestehend aus einer perlitischen Grundmatrix und Temperkohleknöllchen.

Die Entkohlungstiefe wird durch eine mitgeglühte Keilprobe ermittelt. Ihr metallografischer Anschliff gibt Aufschluss über die Gefügeausbildung. Bei unsachgemäßem Tempern können Gefügefehler auftreten. Zum Beispiel können die Grafitnester zu sogenanntem „Faulbruch“ führen, sie sind schon im Rohguss entstanden. Es kann auch eine Rückentkohlungserscheinung auftreten, dabei scheiden sich am Rand Carbide am Ferrit ab in Form von Sekundärzementit, evtl. Ledeburit.[9]

Tempern auf schwarzen Temperguss

Beim Tempern wird bei neutraler Atmosphäre in zwei Stufen geglüht. Aufgrund der neutralen Atmosphäre wird hierbei das Gusseisen nicht entkohlt. Der Zementit zerfällt infolge des hohen Kohlenstoff– und Siliziumgehalts vollständig in Ferrit und Temperkohle: Fe3C → 3Fe + C. Die Temperkohle entsteht durch das Ausscheiden des elementaren Kohlenstoffs beim Glühen in Form von Knoten oder Flocken. Das Erscheinungsbild dieser Knoten hängt von dem Mangan–Schwefel–Verhältnis ab. Dadurch erreicht der Werkstoff stahlähnliche Eigenschaften der Duktilität.

  • Die erste Stufe dieser Wärmebehandlung wird auch 1. Grafitisierungsstufe genannt. Eutektische Carbide zerfallen und lösen sich bei 940–960 °C in einer Zeit von ca. 20 h im Grundgefüge (Austenit). Dabei scheidet sich auch elementarer Kohlenstoff, wie oben erwähnt, als Temperknoten aus. Das Gefüge besteht nun aus Austenit und Temperkohle.
  • Bei der zweiten Stufe, die man auch als 2. Grafitisierungsstufe bezeichnet, wird das Grundgefüge bestimmt. Um die zweite Stufe einzuleiten, wird die Temperatur auf ca. 800 °C abgesenkt. Wird nun langsam (mit 3–5 °C pro h) zwischen 800 und 700 °C abgekühlt oder mehrere Stunden zwischen 760 und 680 °C die Temperatur gehalten, so erfolgt eine stabile eutektoide Umwandlung. γ → α + C. Der Kohlenstoff hat somit die Möglichkeit, aus dem Austenit zu der bereits bestehenden Temperkohle zu diffundieren und dessen Bestandteil zu werden. Das Gefüge besteht dann aus Ferrit (Matrix) und Grafit und eventuellen Resten des Perlits. Die Temperkohle ist über den gesamten Querschnitt der Probe gleichmäßig verteilt. Der Werkstoff ist sehr weich und besteht aus Ferrit und Grafit. Bsp.: GJMB – 350 Bei der schnellen Abkühlung zwischen 800 und 700 °C an der Luft wird der eutektoide Bereich schnell durchlaufen und es entsteht ein eutektoid metastabil erstarrtes Gefüge aus Perlit.
  • Durch sehr schnelles Abkühlen entsteht ein martensitisches Gefüge. Nach dem Tempern kann noch angelassen werden. Bei beispielsweise 600 °C entsteht GJMB – 700, bei 700 °C GJMB – 450. Bei 620 °C wird der Perlit eingeformt (globularer Zementit).

Kennzeichnend für schwarzen Temperguss ist, dass das Gefüge bis auf eine schmale Randzone von 0,2 mm Tiefe ohne Temperkohle auf Grund der nichtentkohlenden Glühung wanddickenunabhängig ist[9].

Gefügeausbildung des schwarzen Temperguss

In der ersten Glühstufe zerfällt der Zementit des Ledeburits, bei 950 °C zu Austenit und Temperkohle. Während der zweiten Glühstufe zerfällt der Austenit zu Ferrit und Temperkohle. Das Grundgefüge hängt von der Abkühlungsgeschwindigkeit im eutektoiden Bereich ab.

  • Ferritisches Grundgefüge
    • Durch langsames Abkühlen zwischen 700 und 800 °C (Genaueres s. Herstellung) findet die eutektoide Umwandlung unter stabilen Bedingungen statt. γ → α + C
    • Der Ferrit bildet die Matrix, und die Temperkohle liegt gleichmäßig verteilt vor, wenn in allen Bereichen der Probe in etwa dieselben Abkühlungsbedingungen galten. Je weniger Mangan und Schwefel vorhanden sind, umso kompakter ist die Temperkohle ausgebildet. Mangan und Schwefel hindern den Grafit daran, sich in Kugelform zu agglomerieren, woraus die zerklüftete und knotenförmige Ausbildung der Temperkohle folgt.
  • Perlitisches Grundgefüge
    • Durch das Erwärmen auf 700–800 °C,schnelles Abkühlen (vorangegangenes Abschrecken s. Herstellung) erstarrt der Werkstoff metastabil zu Perlit. γ → α + Fe3C. Hier bildet der Perlit das Grundgefüge. Auch bei dieser Erstarrung kann die Temperkohle unterschiedlich ausgebildet sein.
  • Martensitisches Grundgefüge
    • Bei sehr schneller Abkühlung entsteht das martensitische Gefüge. Die Diffusion wird durch die sehr hohe Abkühlungsgeschwindigkeit unterdrückt. Durch den teilweisen Zusammenfall des Raumgitters entsteht ein durch den Kohlenstoff verzerrtes und verspanntes Gitter, es entsteht Martensit. Das Vergütungsgefüge entsteht durch das Anlassen des martensitischen Gefüges oder durch gesteuerte Abkühlung auf dieses Gefüge.
  • Mischgefüge
    • Es können auch ferritisch-perlitische Gefüge entstehen. Das geschieht, wenn die eutektische Erstarrung teilweise stabil und metastabil stattfindet. Schmelze → γ + C (stabil) und Schmelze → γ + Fe3C (metastabil).

Die eutektoide Umwandlung verläuft wieder metastabil. Zu erwarten ist ein Gefüge mit je nach Abkühlungsgeschwindigkeit unterschiedlich viel Perlit- und Ferritanteil und Temperkohle. Die Temperkohle kann unterschiedliche Formen, Größen und Anordnungen besitzen.[9]

Tempern nach galvanischen Prozess

Eine Wärmebehandlung während oder nach dem galvanischen Prozess, zum austreiben des aufgenommenen Wasserstoffes (H), z.B. bei der Herstellung von hochfesten Teilen der Verbindungstechnik (Schrauben, Bolzen usw.), wird ebenfalls als Tempern bezeichnet.

Tempern / Wasserstoffentspröden gemäß DIN EN 2081[10] und verschiedenen Werksnormen. Tempern ist eine Wärmebehandlung. Hochfeste Stahlteile, die eine Zugfestigkeit größer 1000 MPa haben, müssen nach einer galvanischen Bearbeitung oder dem Beizen getempert, d.h. wasserstoffentsprödet werden.

Verfahrensablauf beim Tempern / Wasserstoffentspröden
  • Der Verfahrensablauf bei der galvanischen Beschichtung sollte so abgestimmt sein, dass bei den einzelnen Verfahrensschritten nach Möglichkeit erst gar kein oder nur sehr wenig Wasserstoff aufgenommen werden kann. Auch kann es erforderlich sein, die gewünschte Schicht in zwei Schritten aufzubringen.
  • Eine Wasserstoffversprödung kann auch im Reinigungsprozess entstehen, da beim Beizen in Säure Wasserstoff freigesetzt wird, der sich in das Metallgefüge einlagern kann. Dieser Wasserstoff diffundiert im Laufe der Zeit in das Materialinnere. Dadurch wird das Metallgefüge insgesamt instabil und das Material kann bei Belastung brechen (Sprödbruch).
  • Um einen eventuellen Sprödbruch zu verhindern, wird nach dem Galvanisieren oder Beizen eine Wasserstoffentsprödung durch Tempern durchgeführt.
  • Bei diesem Temperprozess wird das Material in einem Umluftofen erwärmt und der im Material befindliche Wasserstoff bei Temperaturen zwischen 180°C und 230°C ausgetrieben.
  • Die Härte und die Materialstärke, aber auch die Geometrie der Teile (Schüttgut) bestimmen die Haltezeit, da die Teile je nach Geometrie mehr oder weniger aufeinanderliegen.
  • Phosphatierte Teile werden bei niedrigeren Temperaturen getempert.
  • Es findet keine Gefügeumwandlung statt.
  • Die Anlasstemperatur des Werkstoffes, bei z.B. Anlassempfindlichen Werkstoffen ist zu beachten.
Die Vorteile des Temperns / Wasserstoffentsprödens auf einen Blick:
  • Sprödbruch vermeiden
  • Materialspannungen reduzieren, Gefüge homogenisieren

Tempern nach Härteprozess

Bei bestimmten Lehren und Kalibern, aus sekundär gehärteten Kaltarbeitsstählen wie 1.2379 usw., wird nach dem Endbearbeiten ein Tempern mittels einer Pendelglühung 150h, bei 140°C +/- 10°C durchgeführt, dies soll die Langzeitmaßstabilität verbessern.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 H.J. Eckstein Herausgeber, Technologie der Wärmebehandlung von Stahl, VEB Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig
  2. 2,0 2,1 2,2 TGL 21862/01, Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen - Klassifizierung und Terminologie der Grundverfahren, 1982, Norm der DDR
  3. 3,0 3,1 Arnold Horsch, Seminar Werkstoffprüfung + Metallographie für Auszubildende und Labormitarbeiter, Kapitel Grundlagen der Wärmebehandlung, Arnold Horsch e.K., Remscheid
  4. 4,00 4,01 4,02 4,03 4,04 4,05 4,06 4,07 4,08 4,09 4,10 4,11 4,12 4,13 4,14 Dipl.-Ing.-Päd. Andreas Höfler, 75443 Ötisheim, Akazienweg 8, Maschinenbau & Physik, www.ahoefler.de/de/maschinenbau/werkstoffkunde/27-waermebehandlung.html
  5. Arnold Horsch, Seminar Metallographie in der Praxis, Teil 1, Arnold Horsch e.K., Remscheid
  6. Wärmebehandeln von Bauteilen aus Gußeisen mit Lamellen- oder Kugelgraphit, Diether B. Wallers, aus "konstruieren+ gießen" Nr. 1/1989
  7. Metallographie in der Schadenuntersuchung, Egon Kauczor, Springer Verlag Berlin Heidelberg 1979, Seite 51-54
  8. Bild interkristalline Korrossion, Wickipedia, Abruf am 27.12.2016
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 9,4 9,5 Wikipedia - Temperguß, abgerufen Wikipedia am 12. Dezember 2016
  10. DIN EN 2081, Metallische und andere anorganische Überzüge - Galvanische Zinküberzüge auf Eisenwerkstoffen mit zusätzlicher Behandlung, Beuth Verlag, Berlin