Prüfung der Entkohlungstiefe nach DIN EN ISO 3887

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Anwendungsbereich

Diese Internationale Norm definiert Entkohlung und legt drei Verfahren zur Bestimmung der Entkohlungstiefe von unlegierten und niedriglegierten Stahlen fest.

Normative Verweisungen

Die folgenden zitierten Dokumente sind für die Anwendung dieses Dokuments erforderlich. Bei datierten Verweisungen gilt nur die in Bezug genommene Ausgabe. Bei undatierten Verweisungen gilt die letzte Ausgabe des in Bezug genommenen Dokuments (einschließlich aller Änderungen). ISO 4545, Metallic materials — Hardness test — Knoop test. ISO 6507-1, Metallic materials — Vickers hardness test — Part 1: Test method. ISO 9556, Steel and iron — Determination of total carbon content — Infrared absorption method after combustion in an induction furnace. ISO 15349-2, Unalloyed steel — Determination of low carbon content — Part 2: Infrared absorption method after combustion in an induction furnace (with preheating).

Begriffe

Für die Anwendung dieses Dokuments gelten die folgenden Begriffe.

Entkohlung

Verringerung des Kohlenstoffgehaltes in der Randschicht des Stahls.
Diese Verringerung kann wie folgt sein:
a) Abkohlung, d3
oder
b) Auskohlung, d1, gemessen als Abstand von der Oberfläche des Produktes und dem Punkt, an dem Kohlenstoff feststellbar ist.
ANMERKUNG Die In b) angegebene Auskohlungstiefe wird am Mikrogefüge bestimmt.

funktionelle Entkohlungstiefe

d2
Abstand zwischen der Oberfläche des Produktes und dem Punkt, an dem sich der Kohlenstoffgehalt oder die Härte auf einem Niveau befindet, bei dem die Funktionsfähigkeit des Produktes durch Verringerung des Kohlenstoffgehaltes nicht beeinträchtigt wird (d. h. auf dem in der Produktnorm festgelegten Mindest-Niveau)

Gesamtentkohlungstiefe

d4
Abstand zwischen der Oberflache des Produktes und dem Punkt, an dem der Kohlenstoffgehalt dem des unbeeinflussten Kerns entspricht; Summe der Abkohlung und der Auskohlung, d3 + d1, mit den Buchstaben DD bezeichnet und in Millimeter angegeben, z. B. DD = 0,08 mm
ANMERKUNG Die unterschiedlichen Entkohlungsbereiche sind In Bild 1 als Diagramm dargestellt. Die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Entkohlungsarten sind als schraffierte Bereiche angezeigt, wobei die Breite des Bereiches die Variabilität von Messungen bedingt durch Unsicherheiten bei der Auswertung darstellt.

Entkohlungstiefe bis zum ferritischen Gefüge (Auskohlungstiefe)

Tiefe der vollständigen Entkohlung in der Randschicht
ANMERKUNG Die hier angegebene Entkohlungstiefe bis zum ferritischen Gefüge wird am Mikrogefüge bestimmt.

Prüfverfahren

Allgemeines

Die Wahl des Verfahrens und dessen Genauigkeit sind abhängig von dem Entkohlungsgrad, dem Mikrogefüge, dem Kohlenstoffgehalt des untersuchten Produktes und der Form des Bauteils.
Die gebräuchlichen Verfahren für Fertigprodukte sind:

  • mikroskopische Ermittlung (siehe 4.2);
  • Messung der Mikrohärte (Eindruckhärte) nach Vickers oder Knoop bei gehärteten oder vergüteten Stahlen (siehe 4.3);
  • Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes durch chemische oder spektrometrische Analyse (siehe 4.4).

Durch die Einbeziehung mehrerer Prüfverfahren, von denen jedes seinen festgelegten Anwendungsbereich besitzt, ist keine weitere Wärmebehandlung erforderlich. Die Proben müssen im Anlieferungszustand untersucht werden. Wird jedoch aufgrund einer Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien eine zusätzliche Wärmebehandlung durchgeführt, muss darauf geachtet werden, dass der Kohlenstoff-Massenanteil in Prozent und/oder die Kohlenstoffverteilung nicht verändert werden, d. h. kleine Probe, kurze Austenitisierungsdauer, inerte Atmosphäre.
Wird in der Produktnorm kein Hinweis auf die Wahl des Verfahrens gegeben, so ist dies zwischen den beteiligten Parteien zu vereinbaren.

Mikroskopische Ermittlung

Allgemeines

Falls nicht anders festgelegt, darf dieses Verfahren nur dann angewandt werden, wenn die festgestellten Gefügeanderungen die Änderungen des Kohlenstoffgehaltes klar erkennen lassen. Dieses Verfahren kommt besonders für Stähle in Betracht, die ein Anlass- oder normalgeglühtes Gefüge (ferritisch-perlitisches Gefüge) aufweisen. Es darf, mit Einschränkungen, auch auf Produkte angewendet werden, die ein Härtungs-, Vergütungs-, Walz- oder Schmiedegefüge aufweisen, wenn die Interpretation der Gefügeveränderungen schwierig wird.

Probenauswahl und -vorbereitung

Die gewählte Probe besteht aus einem Schliff, der senkrecht zur Längsachse des Produktes entnommen wurde. Bei Produkten ohne Längsachse ist die Probenauswahl zwischen den beteiligten Parteien zu vereinbaren. Kleine Proben (Querschnittsfläche < 4 cm2) sind möglichst über ihren gesamten Umfang zu untersuchen. Wenn dies unpraktikabel ist, z. B. bei großen Proben, sind mehrere Schliffe zu entnehmen, um eine repräsentative Probenahme sicherzustellen. Die Anzahl der verschiedenen Proben und ihre Lage zueinander sind zwischen den beteiligten Parteien zu vereinbaren.
Die Proben sind mit den gebräuchlichen Verfahren randscharf zu schleifen und zu polieren. Hierfür kann die Probe eingebettet oder eingespannt werden, und die Oberfläche des Produktes kann, falls erforderlich, durch einen stromlos oder elektrolytisch hergestellten Überzug geschützt werden. Automatische oder halbautomatische Herstellungsverfahren werden, wenn möglich, empfohlen.
Durch Ätzen in 1,5- bis 4 %iger Salpetersäurelosung in Ethanol (Nital) oder 2- bis 4 %iger Pikrinsäurelösung wird die Gefügebeschaffenheit des Stahls sichtbar gemacht.

Messung und Auswertung

Die Verringerung des Kohlenstoffgehaltes kann im Regelfall festgestellt werden bei
a) Ferrit und Perlit: an der Abnahme des Perlitanteils;
b) Perlit und Übereutektoidisch gebildeten Karbiden: an der Abnahme des Anteils der übereutektoidisch gebildeten Karbide und/oder des Perlits;
c) Ferritgrundmasse mit eingelagerten Karbiden: an der Abnahme des Anteils der Karbide in der Ferritgrundmasse.
Härtungs- oder Vergütungsgefüge können mit diesem Verfahren bewertet werden, wenn die Änderung des Kohlenstoffgehaltes durch Gefügeänderungen klar erkennbar ist.
Dieses Verfahren kann auch bei anderen Gefügezuständen, z. B. bei Härtungs- oder Vergütungsgefügen, angewandt werden, Jedoch nur, wenn das für die Entkohlungstiefe maßgebende Gefügemerkmal deutlich abgegrenzt ist.
Der Abstand von der Oberfläche bis zu dem Punkt, an dem sich das Gefüge nicht von dem des Kerns unterscheidet, ist zu messen (Gesamtentkohlungstiefe). Die Messung ist mit entsprechend geeichten Messgeräten durchzuführen.
Die zu wählende Vergrößerung ist abhängig von der Entkohlungstiefe und ist vom Prüfer auszuwählen, falls sie nicht ausdrücklich zwischen den beteiligten Parteien vereinbart wurde. Es wird empfohlen, die stärkste Vergrößerung zu verwenden, die es ermöglicht, das gesamte Ausmaß der Entkohlung zu erfassen; in den meisten Fällen wird eine Vergrößerung von 100: empfohlen.
Durch eine Voruntersuchung der gesamten Oberfläche bei geringer Vergrößerung wird sichergestellt, dass entlang dem untersuchten Umfang jede große Schwankung der Entkohlungstiefe festgestellt wird, die eine weitere Auswertung erfordert.
Durch eine Voruntersuchung der Oberfläche des Schliffes wird die von Oberflächenfehlern und Kanteneffekten unbeeinflusste Stelle mit maximaler Entkohlungstiefe bestimmt. Ausgehend von dieser Stelle, dem ersten Messpunkt, wird die Oberfläche in gleich große Abschnitte aufgeteilt, an deren Enden die Entkohlungstiefe ebenfalls zu messen ist. Falls nicht anders vereinbart, sind vier Einzelmesswerte zu bestimmen. Die Gesamtentkohlungstiefe der Probe (siehe 3.3) wird als der Mittelwert dieser Messungen definiert. Messstellen, die durch Oberflächenfehler beeinflusst sind, sind bei der Mittelwertbildung nicht zu berücksichtigen.

Verfahren zur Messung der Mikrohärte

Allgemeines

Es sind die Verfahren zur Bestimmung der Vickers-Härte nach ISO 6507-1 und der Knoop-Härte nach ISO 4545 anzuwenden. Mit diesen Verfahren wird die Änderung der Mikrohärte (Eindruckhärte) an einem Schliff des Produktes entlang einer Linie ermittelt, die senkrecht zur Oberfläche verläuft. Diese Methode ist nur bei untereutektoidischen Stählen im gehärteten, angelassenen oder wärmebehandelten Zustand und bei Entkohlungsschichten innerhalb des gehärteten Bereichs anwendbar, damit Härteschwankungen infolge fehlerhafter Einhärtung vermieden werden. Bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt wird diese Methode ungenau.

Probenauswahl und -vorbereitung

Für die Probenauswahl und -vorbereitung gelten die gleichen Festlegungen wie bei der mikroskopischen Ermittlung (siehe 4.2.2), die Probe daft jedoch im Allgemeinen nicht geätzt werden, um das Ausmessen des Härteprüfeindrucks zu erleichtern. Es ist darauf zu achten, dass ein Überhitzen der Probe vermieden wird.

Messung und Auswertung

Die Prüfkraft muss so hoch wie möglich sein, um die Streuung der Einzelwerte gering zu halten; die Prüfkraft liegt im Regelfall im Bereich von HV 0,1 bis HV 2,5 oder in dem entsprechenden Bereich für die Prüfung nach Knoop. Der Abstand zwischen den Härteprüfeindrücken muss mindestens der 2,5fachen Lange der Diagonale des Härteprüfeindrucks entsprechen.
Die Gesamttiefe der Entkohlung wird durch den Abstand von der Oberflache bis zu dem Punkt, an dem die Kernhärte erreicht wird, festgelegt. Es sind mindestens zwei Messreihen an Stellen durchzufuhren, die möglichst weit voneinander entfernt sind. Der Mittelwert der beiden Tiefenmessungen ergibt die Gesamtentkohlungstiefe (siehe 3.3).

Verfahren zur Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes

Allgemeines

Mit diesen Verfahren wird die Änderung des Kohlenstoffgehaltes senkrecht zur Oberflache bestimmt. Sie gelten unabhängig vom Gefüge des Stahls.

Nasschemische Analyse

Allgemeines

Das Verfahren ist nur auf Produkte mit einfacher Geometrie (Kreiszylinder oder ebenflächige Vielecke) anwendbar, deren Größe für mechanische Bearbeitung geeignet ist, und wenn die Entkohlung über die gesamte Oberfläche verläuft. Falls nicht anders vereinbart, ist dieses Verfahren nicht auf Produkte anwendbar, die nur abgekohlt wurden.

Probenauswahl und Prüfung

Parallel zur Oberfläche des Werkstückes werden nacheinander Schichten von jeweils 0,1 mm Dicke abgetragen; dies erfolgt durch Zerspanen ohne Kühlmittel, wobei jegliche Verunreinigung zu vermeiden ist. Eventuell vorhandene Zunderschichten sind vorher zu entfernen.
Die von jeder Schicht abgetragenen Metallspäne müssen nach ISO 9556 und ISO 15349-2 durch nasschemische Analyse auf ihren Kohlenstoffgehalt untersucht werden.

Spektrometrische Analyse

Allgemeines

Dieses Verfahren ist nur auf Produkte mit ebenen Oberflächen ausreichender Größe anwendbar.

Probenauswahl und Prüfung

Von der ebenen Probe sind nacheinander Schichten mit einer Dicke von jeweils 0,1 mm abzutragen. An jeder Schicht ist eine spektrometrische Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes vorzunehmen, wobei sich die von den Brennflecken beeinflussten Bereiche nicht Oberschneiden dürfen.

Auswertung der Ergebnisse (nasschemisches und spektrometrisches Verfahren)

Die in 4.4.2 (nasschemische Analyse) und 4.4.3 (spektrometrische Analyse) beschriebenen Verfahren ermöglichen die Bestimmung der Entkohlungstiefe, indem der Abstand von der Oberflache bis zu dem Punkt, an dem der Kohlenstoffgehalt den festgelegten Mindestwert erreicht, gemessen wird. Alternativ kann die Gesamtentkohlungstiefe ermittelt werden, durch Messung des Abstands von der Oberfläche bis zu dem Punkt, an dem der Kohlenstoffgehalt einheitliche Werte erreicht, d. h. Kern-Kohlenstoffgehalt.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:
a) Anzahl und Lage der Probenentnahmestellen;
b) angewendetes Prüfverfahren;
c) alle Messwerte, die Mittelwerte als DD und gegebenenfalls die Dicke der ferritischen Schicht als Auskohlung.

DIN EN ISO 3887 – 2003-10, Stahl - Bestimmung der Entkohlungstiefe

Die nachfolgende Beschreibung ist nicht der Text der Originalnorm oder Prüfanweisung sondern eine Zusammenfassung des Prüfverfahrens im allgemeinen, mit den wichtigsten Merkmalen wie Einsatzgebiet und Anwendungsweise mit zum Teil eigenen Interpretationen. Die genormten Hinweise und Daten zu diesem Thema entnehmen sie bitte der Norm[1].

Die DIN EN ISO 3887 ist die Nachfolgenorm der DIN 50192, die Inhalte der DIN 50192 wurden zum Teil in die EN ISO 3887 übernommen.

Entkohlung ist eine Zone des Werkstücks, meist die Oberfläche, die eine Verringerung des Kohlenstoffgehaltes aufweist. Die Entkohlung besteht aus den Bereichen Auskohlung und Abkohlung. Unter Auskohlung versteht man einem Bereich mit nahezu vollständigem Entzug des Kohlenstoffs. Als Abkohlung ist der Bereich zu verstehen bei dem eine Verringerung des Kohlenstoffgehaltes vorliegt aber noch keine Auskohlung zu erkennen ist. Die Gesamtentkohlungstiefe ist der Abstand von der Oberfläche bis zu dem Punkt, an dem der Gehalt an Kohlenstoff dem des unbeeinflussten Kernbereichs entspricht. Die Proben müssen als Querschliff genommen werden sodas im Schliff eine senkrechte Messung zur Oberfläche erfolgen kann. Bei kleinen Proben wird der gesamte Probenumfang ausgewertet und bei größeren Proben ein oder mehrere Teilsegmente der Oberfläche (repräsentativer Querschnitt). Eine Entkohlungsprüfung findet in der Regel im vorliegenden Wärmebehandlungszustand statt. Soll die Entkohlungsprüfung in einem simulierten Wärmebehandlungszustand erfolgen, so darf keine Diffusion von Kohlenstoff den Randkohlenstoffgehaltes beeinflussen (keine zusätzliche Entkohlung oder Aufkohlung). Bei der mikroskopischen Beurteilung wird die Entkohlungstiefe anhand von Gefügeveränderungen bestimmt. Bei Ferrit-Perlit Gefügen zum Beispiel ist in der randentkohlten Zone ein höherer Ferritanteil zu beobachten. Liegt ein Weichglühgefüge vor, so ist die Entkohlung anhand einer Verringerung der Karbidmenge in der ferritischen Grundmasse zu bestimmen. Bei übereutektoiden Stählen verringert sich im entkohlten Bereich die Menge an übereutektoidisch gebildeten Karbiden. Bei Härtegefügen und Vergütungsgefügen ist die Entkohlung über eine Gefügeveränderung sichtbar. Ist die Gefügeveränderung (Rand - Kern) deutlich abgegrenzt kann die Entkohlungstiefe bis zu diesem Punkt gemessen werden. Die Proben werden geschliffen und poliert. Zum Anätzen des Gefüges ist ein für den Werkstoff taugliches Ätzmittel, meist alkoholische Salpetersäure oder alkoholische Pikrinsäure, zu verwenden. Mikroskopisch verschafft man sich bei einer kleinen Vergrößerung einen Überblick über die Art und Stärke der Randentkohlung. Die für die Messung zu wählende Vergrößerung hängt von der Entkohlungstiefe und ihrer Ausbildung ab. Am besten wird die Vergrößerung gewählt, bei der man das gesamte Ausmaß der Entkohlung bewerten kann. Bei Verwendung der 4-Punkt Messung werden 4 Prüfstellen, ausgehend von der tiefsten Stelle und anschließend um 90° versetzt zur vorherigen, ausgewertet. Der Mittelwert aus diesen Messungen wird als Gesamtentkohlungstiefe angegeben. Bei der Bestimmung der tiefsten Stelle werden durch Oberflächenfehler beeinflusste Stellen nicht berücksichtigt. Vereinbarungsgemäß kann auch die maximale Entkohlungstiefe als Messwert angegeben werden. Neben dem metallografischen Verfahren kommen noch analytische Methoden oder Verfahren mit Härtemessung zur Anwendung.

Einzelnachweise

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