Härteprüfung
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen der Härteprüfung
Der Anwender der Härteprüfung muss sich darüber im klaren sein, was er mit der Härteprüfung und dem erzielten Ergebnis eigentlich tun will. Hier besteht bei den Anwendern der Härteprüfung oftmals eine Vielzahl von diffusen Vorstellungen was die Härtezahl darstellt. Dies liegt auch daran, dass das Wissen um die Möglichkeiten und Grenzen der Härteprüfung auf der Anwenderseite nur sehr beschränkt vorhanden ist. Vor der Festlegung des Härteprüfverfahrens und von Härtewerten sollte klar sein,was mit dem festgelegten Härtewert erreicht werden soll!
Was ist Härte?
Hart und weich sind eigentlich allgemeine Begriffe aus dem täglichen Leben. Jeder Mensch hat dabei seine eigenen Empfindungen und beurteilt den einen Gegenstand im Vergleich zu einem anderen als hart oder weich. Die griechischen Philosophen der Antike Demokrit und Aristoteles bezeichneten die Härte als eine definierte Eigenschaft der Elemente. In der Technik ist ein solcher individueller Empfindungswert zur Beurteilung eines Werkstoffes oder Bauteiles nicht ausreichend. Man hat den Härtebegriff wie folgt festgelegt:
Härte ist der Widerstand eines Körpers, den er dem Eindringen eines anderen, aber Härterem entgegensetzt.[1]
- Zweck der Härteprüfung ist es, vergleichbare Kennzahlen des Verformungs-Widerstandes der Oberfläche eines Werkstoffes zu ermitteln, die jedoch nicht die Bedeutung einer Werkstoffkennzahl haben.
- Obwohl die Härte eines Werkstoffes keine eindeutige Stoffeigenschaft ist, kann sie als Vergleichswert sehr vielseitig angewandt und ausgelegt werden.
- Die Härteprüfung stellt den relativ sicheren Versuch dar, verschiedene Werkstoffzustände mittels einer Kennzahl, die keine Werkstoffkennzahl ist, zu beschreiben.
- Jedoch auch diese Definition der Härte ist noch nicht eindeutig und lässt vieles offen und führt dazu, dass die Härte in der Metallprüfung verschieden interpretiert wird, dies hängt im Wesentlichen von der Betrachtungsweise und den Erwartungen des Anwenders ab.
- Es gibt verschiedene Werkstoffzustände die den gleichen Härtewert aufweisen können und unterschiedlichen Gefügestrukturen haben, nachfolgende Beispiele.
Beispiele
100CR6 +Q, 1.3505 +Q, gut erkennbar bei etwa gleicher Härte 2 unterschiedliche Gefüge.[2]
34CRMo4 +QT, 1.7220 +QT , gut erkennbar bei etwa gleicher Härte 2 unterschiedliche Gefüge.[2]
Historie
An der Entwicklung der Härteprüfung sind eine Vielzahl namhafter Persönlichkeiten beteiligt. Einer der wesentlichen Hintergründe dieser Entwicklung ist, damals wie heute, der Wunsch verschiedene Werkstoffzustände mittels einer Kennzahl reproduzierbar zu beschreiben. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die Härteprüfung, die heute die mit Abstand am meistens eingesetzte Werkstoffprüfmethode ist.
An dieser Stelle eine Anmerkung von mir:
Wie gut in der nachfolgenden Tabelle zu sehen ist ist Friedrich Mohs (1773-1839) nicht der Erfinder der Härteprüfung an Metallen, wie es immer wieder dargestellt wird. Mit seiner Klassifikation von Mineralien, die vor allem auf die physikalischen Eigenschaften (Form, Härte, Sprödigkeit, spezifisches Gewicht) seiner Objekte abhob hat er die Skala der Ritzhärteprüfung zur Klassifizierung von Mineralien entwickelt. Hierbei befand sich Mohs in Opposition zu den meisten seiner Kollegen, die das Hauptgewicht auf die chemische Zusammensetzung legten. Die Historie hat Mohs mit seiner Klassifizierung der Mineralien aber recht gegeben. Schon ca. 100Jahre vor Mohs hat z.B. Reamur die Härte von Eisen bestimmt.
Die nachfolgende Tabelle[3] gibt auszugsweise, die Historische Entwicklung der Härteprüfung an wieder.
Jahr | Wer | Verfahren - Besonderheit |
1640 | Babra | Ritzen von Edelsteinen mit der Feile |
1722 | R.A. Reamur | Ritzen von Stahl mit Mineralien |
1747 | Wallerius | Benutzte Fingernagel, Messer, Feile, Diamantpulver zur Härtebestimmung |
1811 | Mohs | 10 stufiges Ritzhärteverfahren für Mineralien |
1833 | Seebeck | Entwickelt ein quasi-quantitatives Kratzverfahren zur Härtebestimmung |
1851 | Entwicklung der Bohrhärte von Metallen auf Grundlage des Gewichtsverlustes beim Bohren mit bekannten Zerspanbedingungen | |
1874 | Uchatius | Beurteilte die Härte von Bronzen mit einem aus 25cm Höhe herabfallenden Meißel (erstes beschriebenes dynamisches Verfahren) |
1882 | TH Prag | Ritzhärte 18stufig,von Blei bis zu gehärtetem Stahl |
1884 | Beurteilen der Härte von Metallen mit der Schleifhärte | |
1889 | Adolf Karl Gottfried Martens | Ritzhärteverfahren |
1898 | Adolf Karl Gottfried Martens | Schlug ein Gerät für den instrumentierten Eindringversuch mit mechanisch-hydraulischer Tiefenmessung vor |
1900 | Johann August Brinell | Brinellhärteprüfverfahren, Kugeldruckversuch.
Brinell hat nicht nur das nach Ihm bennante Härteprüfverfahren entwickelt, sondern galt zu seiner Zeit (Geb.1849-Gest. 1925) als einer der hervorragender Kenner der Stahlherstellung. Unter den Fachleuten der Eisen- und Stahlindustrie nimmt Brinell eine der hervorragendsten Stellungen ein[4] |
1908 | P. Ludwig, Prof. | Berichtet über ein sowohl statisch als auch dynamisch benutzte Kegelprobe, erste Gedanken zur Härteprüfung mittels einer Tiefenmessung. |
1908 | E. Meyer, Prof. | Meyer Härteprüfung, stellte das Potenzgesetz für den Kugeldruckversuch auf |
1914 | Stanley P. + Hugh M. Rockwell | Rockwellhärteprüfverfahren verschiedene, erstes Vorkraftverfahren mit Tiefenmessung, Patenteinreichung 15. Juli 1914, U.S. Patent 1,294,171 |
1915 | Albert Shore | Erstes Rücksprungverfahren, eine auf das Werkstück fallende Kugel der mehr oder weniger abprallt. Die Härtemessung wird in Shore-Punkten ausgedrückt. |
1921 | Vickers Flugzeugwerke
Robert L. Smith und George E. Sandland |
Vickershärteprüfverfahren, erstmals die Messung sehr harter Teile ohne Beeinflussung durch den Prüfkörper, ermöglicht die Mikrohärteprüfung, mit sehr kleinen Prüflasten[5] [6]. |
1926 | USA | Erste Härteprüfnorm für das Brinellhärteprüfverfahren |
1937 | Deutschland, Schweden | Erste Herstellung von Härtevergleichsplatten |
1939 | F. Knoop, C.G. Peters, W.B.E. Emerson | Entwicklung des Knoop Verfahrens am National Bureau of Standards (USA) |
1940 | Deutschland | Erste DIN Norm über das Vickersverfahren |
1943 | K. Meyer | Baut die erste Härte-Normalmesseinrichtung in Deutschland |
1961? | C. Kleesattel | UCI-Verfahren (Ultrasonic Contact Impedance), 1961 Patentanmeldung |
1946 | Ernst | Abgewandeltes Rockwellverfahren mit sehr kleiner Prüflast. Patentanmeldung |
1975 | Dietmar Leeb | Die Härteprüfung nach Leeb wurde erstmals 1978 angewandt und misst die eingebrachte Energie über den Rückprall. |
Einteilung der Härteprüfverfahren
Die Härteprüfverfahren lassen sich Grundsätzlich in die statischen und dynamische Prüfverfahren einteilen. Die meisten dynamischen Verfahren werden bei mobilen Prüfgeräten eingesetzt, die statischen Verfahren sind eher die klassischen Verfahren wie Brinell-Rockwell-Vickers. In der nachfolgende Tabelle sind die wichtigsten Prüfverfahren zusammengefasst.
Grundeinteilung | Schreibweise | Verfahren | Norm DIN EN ISO | Norm andere |
Statische Verfahren | HK+Prüflast
HB +Prüflast HV +Prüflast HR +Kurzzeichen HM +Prüflast |
Knoophärte
Brinellhärte Vickershärte Rockwellhärte Martenshärte |
DIN EN ISO 4545, Teil 1-3, Metallische Werkstoffe- Härteprüfung nach Knoop
DIN EN ISO 6506, Teil 1-3, Metallische Werkstoffe-Härteprüfung nach Brinell DIN EN ISO 6507, Teil 1-3, Metallische Werkstoffe-Härteprüfung nach Vickers DIN EN ISO 6508, Teil 1-3, Metallische Werkstoffe-Härteprüfung nach Rockwell DIN EN ISO 14577, Teil 1-2, Metallische Werkstoffe - Instrumentierte Eindringprüfung zur Bestimmung der Härte und anderer Werkstoffparameter |
ASTM E 92 + 384
ASTM E 10 ASTM E 92 + 384 ASTM E 18
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Dynamische Verfahren | Scleroscope n. Shore | Shore Härte | Richtlinien für die Prüfung der Skleroskophärte metallischer Werkstoffe | ASTM E 448 |
Mobile statische und dynamische Verfahren | HL
HMM+ Verfahren in das Umgewertet wurde HME+ Verfahren in das Umgewertet wurde UCI+ Verfahren in das Umgewertet wurde TIV HB HB HB - HV - HRC |
LEEB Härte
Härte Mobil Mechanisch Härte Mobil Elektrisch Ultrasonic Contact Impedance Through Indenter Viewing Poldihärte Scherstifthärte Härteprüfzwinge |
DIN EN ISO 16859, Teil 1-3, Metallische Werkstoffe - Härteprüfung nach Leeb
DIN 50157, Teil 1-2, Metallische Werkstoffe - Härteprüfung mit tragbaren Härteprüfgeräten, die mit mechanischer Eindringtiefenmessung arbeiten DIN 50158, Teil 1-2, Metallische Werkstoffe - Härteprüfung mit tragbaren Härteprüfgeräten, die mit elektrischer Eindringtiefenmessung arbeiten DIN 50159, Teil 1-2, Metallische Werkstoffe - Härteprüfung nach dem UCI-Verfahren Ungenormt, abgewandeltes Vickersverfahren Ungenormt, abgewandeltes Brinellverfahren, Ungenormt, abgewandeltes Brinellverfahren DIN EN ISO 6506 - 6507 -6508, verschieden Verfahren möglich, als Brinell- Vickers- Rockwell Härte |
ASTM A 956
ASTM A 1038
ASTM E 110
|
Klassische Härteprüfverfahren
Genormte Härteprüfverfahren
Frühzeitig begann bereits die Standardisierung der Härteprüfung. 1900 stellte Johan August Brinell auf der Weltausstellung in Paris den genormten Kugeldruckversuch vor. Wohl kaum hat sich jemals ein Materialprüfungsverfahren in derart kurzer Zeit so allgemein eingeführt und so viele Anhänger erworben. Die Erklärung hierfür ist in den hervorragenden Eigenschaften dieser Methode, insbesondere in ihrer Einfachheit und Brauchbarkeit für die industrielle Praxis zu finden. Angeregt durch ihre vielseitige Verwendbarkeit befaßten sich denn auch gar bald eine Reihe hervorragender Wissenschaftler und Praktiker mit den theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten und Anwendungsgebieten der Brinellschen Kugeldruckprobe. Der große Verdienst von Brinell ist es neben der Erfindung das Verfahren systematisiert zu haben und die Einführung der Belastungsgrade, die eine proportionalen Anstieg der Prüflast im Verhältniss zum Kugeldurchmesser sicherstellten. Somit wurde erstmals eine reproduzierbare Härteprüfung gewährleistet und Prüfergebnisse verschiedener Prüflabore wurden vergleichbar. Jedoch kam die Brinellhärteprüfung schnell an Ihre Grenzen, sehr harte Teile lassen sich nicht Prüfen und auch kleine Teile und Beschichtungen sind mit der Brinellhärte nicht Prüfbar. 1920 haben die Brüder Stanley P. + Hugh M. Rockwell das Rockwellprüfverfahren Patentieren lassen. Hiermit war es erstmals möglich sehr harte Teile mittels eines Diamantkegels zu Prüfen. Die Rockwellhärteprüfung ist aufgrund Ihrer einfachen und sicheren Handhabung, heute das am meisten genutzte Härteprüfverfahren. Aber auch hier gab es das Problem das keine Beschichtungen und keine sehr kleinen Teile geprüft werden konnten. 1922 wurde bei den Vickers Flugzeugwerken in England von den beiden Ingenieuren Smith + Sandland das bekannte Vickers Härteprüfverfahren entwickelt. Da im Flugzeugbau schon immer die Leichtbauweisen existierte und bereits sehr Früh mit kleine leichten Bauteilen und Beschichtungen gearbeitet wurde, ist es logisch das dieses Verfahren bei einem Flugzeugwerk entwickelt wurde. Die Härte Vickers ist eine Ableitung aus der Brinellhärte und daher mit dieser gut korrelierend. |
Mobile Härteprüfverfahren
In den letzten Jahren wurden auch portable Verfahren in eine Normung aufgenommen. Die neu erstellten Normen sind teilweise etwas schwammig und sollen einen ersten Schritt in eine detailliertere Normung für die Zukunft bringen. Ein großer Vorteil der aktuellen Normung ist, die festgelegte Schreibweise für die jetzt genormten Verfahren. Dies bedeutet das die Angabe von nach den folgenden Verfahren geprüften Härtewerten genau festgelegt wurde und keine andere Schreibweise mehr zulässig ist. |
Umwertung von Härtewerten
Umwertung von Härtewerten genormt in der DIN ISO 18265 Metallische Werkstoffe - Umwertung von Härtewerten.[7]
Die Umwertung von Härtewerten wird bereits seit Brinell durchgeführt, bereits Brinell hatte festgestellt das zwischen der HB Härte und der Zugfestigkeit eine positive Korrelation besteht. Jedoch muß auch beachtet werden das Härteprüfung und Zugversuch zwei Grundsätzlich verschiedene Versuche mit vollkommen verschiedenen Beanspruchungsarten sind. Auch wird bei der Umwertung aus Härte in Zugfestigkeit bei unterschiedlichen Gefügestrukturen die z.B. andere Dehngrenzen und Dehnungen bewirken nicht erkannt werden das hier nicht der gewünschte Werkstoffzustand vorhanden ist,(Kapitel-Was ist Härte?).[8] |
Bekannte Hersteller
In der Historie gab es im deutschsprachigem Raum viele Hersteller von Härteprüfmaschinen, von denen einige nicht mehr existieren. Nachfolgend eine Liste von existenten und nicht mehr existenten Herstellern von Härteprüfmaschinen.
emcotest Kuchl - Austria | Otto Wolpert Werke - Ludwigshafen | KB Prüftechnik GmbH | Karl Frank - Weinheim | WPM Werkstoffprüfmaschinen - Leipzig | Reicherter - Esslingen | AFFRI INDUNO OLONA (VA) ITALY | ERNST Härteprüfer SA |
nicht mehr existent |
nicht mehr existent |
nicht mehr existent |
Einzelnachweise
<references> [2] [5] [3] [8] [7] [4]
- ↑ VDI-Richtlinie: VDI/VDE 2616 Blatt 1 Härteprüfung an metallischen Werkstoffen, Beuth Verlag, Berlin
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Arnold Horsch, Zerstörungsfreie Härte-/Gefügeprüfung wärmebehandelter Massenteile mit magnetinduktiven Verfahren, Vortrag Härtereikongess, Köln, 2015
- ↑ 3,0 3,1 Herrmann, Konrad, et al: Härteprüfung an Metallen und Kunststoffen, expert verlag GmbH, D-71272 Renningen
- ↑ 4,0 4,1 P. Wilh. Döhmer, Die Brinellsche Kugeldruckprobe, Springer, Berlin, 1925
- ↑ 5,0 5,1 R.L. Smith & G.E. Sandland, "An Accurate Method of Determining the Hardness of Metals, with Particular Reference to Those of a High Degree of Hardness," Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Vol. I, 1922, p 623–641
- ↑ R.L. Smith & G.E. Sandland, Patenteinreichung USA 16. Mai 1923, Apparatus for testing the hardness of materials, US 1478621 A, 1923
- ↑ 7,0 7,1 DIN EN ISO 18265 Metallische Werkstoffe - Umwertung von Härtewerten, Beuth Verlag Berlin
- ↑ 8,0 8,1 Arnold Horsch, Vortrag, Umwertung von Härtewerten, Seminar Härteprüfung in Theorie und Praxis, Arnold Horsch e.K., Remscheid